Gastfreundschaft als Kommunikationsprinzip

Was Kommunikation von guten Gastgebern lernen kann

by Jana Leckel
Zeitgemäße Kommunikation findet in Unternehmen auf Augenhöhe und mit Respekt statt

In Zeiten wachsender Unsicherheit, digitaler Reizüberflutung und sinkender Kundenbindung stehen viele Unternehmen vor der Frage, wie sie weiterhin ein tragfähiges Vertrauensverhältnis aufbauen können – zu Kunden, Mitarbeitenden und Partnern. Aufwendige Marketingkampagnen, die mehr Purpose als Mission vermitteln oder die Neuentdeckung der Markengeschichte, vieles wird versucht, um die emotionale Verbindung zum Unternehmen zu stärken.

Doch vielleicht liegt die Antwort auf diese Herausforderungen näher als gedacht: nämlich in der Gastfreundschaft. Oder genauer: Kommunikation, die sich an den Prinzipien gelebter Gastfreundschaft orientiert – der sogenannte Hospitality-Effekt.

Ein neuer Impuls für die Unternehmenskommunikation

Den Begriff „Hospitality“ verbindet man ja eher mit der Hotellerie und Gastronomie. Doch das zugrunde liegende Prinzip lässt sich auf viele andere Bereiche übertragen – insbesondere auch auf die Kommunikationskultur. Die Idee: Wer wie ein guter Gastgeber kommuniziert, begegnet anderen mit Respekt, Aufmerksamkeit und echtem Interesse. Statt reiner Informationsvermittlung entsteht ein Dialog auf Augenhöhe. Das bringt neue Impulse in die unternehmerische Kommunikation und in die Kommunikationsberatung.

Der Hospitality-Effekt versteht sich dabei nicht als bloßes Stilmittel, sondern als innere Haltung. Kommunikation wird nicht länger nur als Werkzeug zur Zielerreichung betrachtet, sondern als Beziehungsangebot. Die Frage verschiebt sich: weg von „Was muss ich sagen?“, hin zu „Wie kann ich dafür sorgen, dass sich mein Gegenüber gesehen, gehört – und willkommen fühlt?“ Wer kommuniziert, indem er wie ein guter Gastgeber handelt und sich auch so fühlt, begegnet seinem Gegenüber authentisch, interessiert und mit vorausschauender Aufmerksamkeit. Das verändert mehr als nur den Tonfall: Es schafft Resonanz.

Mensch statt Zielgruppe

Gerade in unsicheren Zeiten ist das ein strategischer Vorteil. Unternehmen, die eine einladende, empathische Kommunikationskultur leben, erfahren oft eine höhere Kundenbindung, stabilere Mitarbeitermotivation und ein positives Markenimage. Denn Vertrauen entsteht dort, wo Menschen sich gesehen und gehört fühlen – nicht nur als Zielgruppe, sondern als Gegenüber, als Person und Mensch.

Ein Beispiel: Statt in der Krise primär über Herausforderungen zu sprechen, könnten Führungskräfte und Kommunikationsabteilungen gezielt eine gastfreundliche Kommunikationshaltung einnehmen – sie informieren transparent, bieten Dialog an und vermitteln Sicherheit durch Haltung. So entstehen Gesprächsräume, in denen nicht nur informiert, sondern auch verstanden wird. Im besten Fall entstehen durch die Offenheit auch neue Lösungen und Ideen innerhalb der Teams. In der internen Kommunikation bedeutet das: Führungskräfte treten in den Dialog, statt auf Ansage zu setzen. Überspitzt gesagt: Sie schaffen Orientierung durch echte, wertschätzende und persönliche Ansprache, nicht durch PowerPoint-Präsentationen.

Eine Einladung mit Wirkung

Der Hospitality-Effekt ist dabei kein Feelgood-Konzept. Es geht nicht um oberflächliche Freundlichkeit, sondern um ein strukturiertes Kommunikationsverständnis, das strategisch gedacht und operativ gelebt wird. Kommunikation wird so zur Einladung – zum Mitdenken, zum Mitgestalten, zur Beziehung auf Augenhöhe.
Dieser Gedanke lässt sich auf Unternehmen jeder Größe übertragen – vom inhabergeführten Betrieb bis zum internationalen Konzern. Marken profitieren davon, weil sie ein menschliches Profil entwickeln. Teams profitieren, weil ihre Kommunikation auf Austausch basiert. Und nicht zuletzt profitieren Führungskräfte, weil sie in Zeiten der Veränderung ein starkes Instrument zur Vertrauensbildung an die Hand bekommen.

Im Zentrum steht dabei immer die Frage: Wie würde ein guter Gastgeber handeln? Was braucht mein Gegenüber, um sich gesehen, gehört – ja: willkommen zu fühlen?
In den kommenden Ausgaben wird das Thema fortgesetzt und weiter vertieft: Wie entfaltet sich der Hospitality-Effekt in der internen Kommunikation? Welche Rolle spielt er für starke Marken? Und wie wird er in Trainings und Beratung konkret erlebbar? Denn wer die Haltung der Gastfreundschaft zur Grundlage seiner Kommunikation macht, wird erleben: Es ist nicht nur gut gemeint. Es wirkt.

Gastautor Benjamin Zwack

Benjamin Zwack  von www.zwack.marketing ist Gründer von zwack.marketing und Gründungspartner der Kölner Compass Tourismus Partner eG. Seit vielen Jahren unterstützt er Unternehmen, Regionen und Destinationen in nachhaltiger, wirkungsvoller Strategie und Kommunikation, in Marketing und Nachhaltigkeitskommunikation. Dazu kommt viel Erfahrung in der Akzeptanz- und Krisenkommunikation. Durch seine langjährige Kommunikations- und Marketingarbeit in der gehobenen Hotellerie kennt er die Feinheiten der Gästekommunikation und setzt den Hospitality-Effekt gezielt in seiner Arbeit als Kommunikations- und Marketingberater ein. Als Autor entwickelt er regelmäßig Fernsehdokumentationen für das öffentlich-rechtliche Fernsehen sowie digitale Storytelling-Formate. Er ist Mitglied im Impact-Hub-Netzwerk und im Copenhagen Institute for Futures Studies.

Gastautor Christian Straub

Christian Straub von www.talkingvisual.de ist Kommunikationsberater und hilft Unternehmen sowie Einzelpersonen, klare und wirkungsvolle Inhalte zu gestalten – von der strategischen Konzeption bis hin zu Text und Fotografie. Mit 25 Jahren Erfahrung als leitender Flugbegleiter bringt er viel Erfahrung in Gästekommunikation und Kundenmanagement mit. Parallel zum Fliegen hat er viele Jahre in verschiedenen Bereichen der  Kommunikation und im Newsroom der Lufthansa Group gearbeitet.  Daher weiß er, wie wichtig präzise, zielgerichtete und motivierende Kommunikation ist – sowohl intern als auch extern.  Die Verbindung von Gastgeberphilosophie und Unternehmenskommunikation ist zu seiner Leitidee geworden. Zusammen mit Benjamin Zwack hat er den Hospitality-Effekt als erfolgsfördernden Moment für die Kommunikationsberatung in unterschiedlichen Branchen entdeckt. Zudem leitet er Schreib- und Fotoworkshops, um Teams kreative Werkzeuge für eine wirkungsvolle und authentische 360°-Kommunikation an die Hand zu geben.

Bildquellen

  • Benjamin Zwack: Johanna Bampi / bampi.media
  • Christian Straub: Christian Straub / talkingvisual.de
  • Gastfreundschaft als Kommunikationsprinzipg-unsplash: Foto von Brooke Cagle auf Unsplash

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