Fake News, bürokratische Hürden und unerwartete Krisen bestimmen seit Monaten den Kommunikationsalltag und oft den vertrauensvollen Zugang zu Kunden, manchmal auch zu Mitarbeitenden und Kollegen. Da können klare, ehrliche und ernstgemeinte Worte wie die einladende Geste eines gastfreundlichen Hauses wirken.
Mit einer neuen Haltung, die aus der Idee einer Gastgeberrolle abgeleitet wird, kann es gelingen, Orientierung zu vermitteln und Vertrauen aufzubauen. Der Hospitality-Effekt überträgt Prinzipien aus der Gastfreundschaft auf die unternehmerische Kommunikationskultur. Damit wird Offenheit zum Ausdruck gelebter Wertschätzung.
Klare Kommunikation in unübersichtlichen Zeiten
Je mehr die Unsicherheit zunimmt, desto wahrscheinlicher ist das Aufkommen eines Informationsvakuums und wilder Spekulationen. Dagegen hilft Offenheit, so wie in der persönlichen Interaktion zwischen Gastgeber und Gast, wo klar kommuniziert wird, was Gäste erwarten könne und weshalb – Unternehmen machen das im besten Fall ganz ähnlich, durch verständliche Erklärungen von Entscheidungen und Abläufen. Untersuchungen zeigen, dass Angestellte, deren Führungskräfte als „ehrlich und zugänglich“ gelten, eine deutlich höhere Motivation aufweisen. So kommt der Gallup-Bericht 2025 (www.gallup.com/workplace/) zu dem Ergebnis, dass Unternehmen, um Mitarbeiter zu motivieren und ihr Engagement zu steigern, in erster Linie in ihre Manager investieren müssen, indem sie ihnen Training und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Denn das Engagement und Wohlbefinden der Manager wirkt sich auch positiv auf deren Teams aus. Ebenso reagieren Kundinnen und Kunden positiv auf Marken, die zum Beispiel transparent Auskunft über Herstellung, Geschäftsprozesse und Werte geben, da man sich in dieser offenen Form der Kommunikation wohl und wahrgenommen fühlt.
Transparenz als strategische Haltung – nicht nur im Krisenfall
Offenheit sollte dauerhaft praktiziert werden statt als Reaktion auf Störungen oder Krisen. Ein permanentes Reporting etwa zur CO₂-Bilanz oder zu Lieferketten schafft zusätzlichen Nutzen und stärkt das Vertrauen. Unternehmen, die selbst Fehler frühzeitig zugeben und Lösungswege öffentlich darlegen, demonstrieren Glaubwürdigkeit. Im Gegensatz dazu führen schlecht kommunizierte Rückrufaktionen oft zu Frust, sobald Spekulationen die Lücke füllen. Versetzt man sich in die Rolle eines Gastes im Hotel, Restaurant oder auch im Flugzeug, dann erkennt man, welches Informationsbedürfnis aufkommt, wenn etwas schiefläuft. Und auch hier ist es so, dass bei kontinuierlicher und ehrlicher Kommunikation Vertrauen wachsen kann, selbst wenn das Produkt zeitweise nicht zufriedenstellend ist.
Gelungene und misslungene Transparenz
Und schlüpft man in die Rolle des Gastgebers, dann fällt einem schnell auf, dass der beste Weg zu einem stabilen Kontakt die Transparenz ist. Folgendes Gedankenspiel: Ein Logistikkonzern veröffentlicht während eines Großschadens täglich auf seiner Website ein „Status-Dashboard“ mit Ursachenanalyse und Fortschritten. Sowohl Mitarbeitende als auch Kunden fühlen sich gut und zeitnah informiert, was wahrscheinlich dazu führt, Verständnis für notwendige Maßnahmen zu entwickeln. Fehlt diese Offenheit, wird das Informationsbedürfnis anderweitig gestillt: Beispielsweise kommuniziert ein Unternehmen nach einem produktbezogenen Rückruf erst verspätet die Hintergründe. Während der Funkstille entstehen dann schnell Gerüchte in sozialen Medien, was das Markenimage erheblich beschädigen kann. Ist jedoch eine Kommunikationskultur etabliert, die beständig auf Offenheit und Transparenz setzt, analog zu einer Beziehung zwischen Gast und Gastgeber, hat jegliche Information automatisch einen Vertrauensvorschuss sowohl bei Kunden als auch bei den Mitarbeitenden.
Offene Kommunikation bei Change-Projekten
Veränderungsprozesse lösen oft Unsicherheit aus, wenn Entscheidungsgründe und Abläufe unklar bleiben. Ähnlich wie Gastgeber im Vorfeld eines Events die Agenda teilen, sich in die Rolle der Gäste versetzen und entsprechend das Programm gestalten, empfiehlt sich bei Reorganisation oder Systemeinführung die frühzeitige Offenlegung von Zielen, Zeitplan und Herausforderungen. Gezielte Dialogformate ermöglichen es, Fragen, Feedback und Ideen aus der Belegschaft zu integrieren und beschleunigen im besten Fall auch die Akzeptanz des Wandels. Wichtig dabei ist eine ehrliche und wertschätzende Haltung, wie die eines guten Hosts oder Gastgebers. Dann entfaltet der Hospitality-Effekt auch in schwierigen Transformationsprozessen seine positive Wirkung innerhalb der Kommunikation.
Führung durch Einbindung, Erklärung und Transparenz
Eine dialogorientierte Herangehensweise schafft immer Raum für Beteiligung. Führungskräfte laden Mitarbeitende ein, ihre Perspektiven einzubringen und erläutern den „Warum“-Hintergrund wichtiger Entscheidungen und signalisieren Respekt für Erfahrung und Kompetenz der Beteiligten. Dabei sollte Offenheit kein Mittel zum Zwecks sein, sondern ein Versprechen, vergleichbar mit der der Gastfreundschaft: „Hier wird Vertrauen aktiv gestärkt.“
Der Hospitality-Effekt verbindet Transparenz mit Wertschätzung und führt zu einer Haltung mit positiver Strahlkraft. Intern fördert er Motivation und Teamzusammenhalt, extern sorgt er für Kundenbindung und gute Reputation. Offenheit wird so zum neuen Maß an Wertschätzung – nach innen ebenso wie nach außen.
Gastautor Benjamin Zwack

Benjamin Zwack von www.zwack.marketing ist Gründer von zwack.marketing und Gründungspartner der Kölner Compass Tourismus Partner eG. Seit vielen Jahren unterstützt er Unternehmen, Regionen und Destinationen in nachhaltiger, wirkungsvoller Strategie und Kommunikation, in Marketing und Nachhaltigkeitskommunikation. Dazu kommt viel Erfahrung in der Akzeptanz- und Krisenkommunikation. Durch seine langjährige Kommunikations- und Marketingarbeit in der gehobenen Hotellerie kennt er die Feinheiten der Gästekommunikation und setzt den Hospitality-Effekt gezielt in seiner Arbeit als Kommunikations- und Marketingberater ein. Als Autor entwickelt er regelmäßig Fernsehdokumentationen für das öffentlich-rechtliche Fernsehen sowie digitale Storytelling-Formate. Er ist Mitglied im Impact-Hub-Netzwerk und im Copenhagen Institute for Futures Studies.
Gastautor Christian Straub

Christian Straub von www.talkingvisual.de ist Kommunikationsberater und hilft Unternehmen sowie Einzelpersonen, klare und wirkungsvolle Inhalte zu gestalten – von der strategischen Konzeption bis hin zu Text und Fotografie. Mit 25 Jahren Erfahrung als leitender Flugbegleiter bringt er viel Erfahrung in Gästekommunikation und Kundenmanagement mit. Parallel zum Fliegen hat er viele Jahre in verschiedenen Bereichen der Kommunikation und im Newsroom der Lufthansa Group gearbeitet. Daher weiß er, wie wichtig präzise, zielgerichtete und motivierende Kommunikation ist – sowohl intern als auch extern. Die Verbindung von Gastgeberphilosophie und Unternehmenskommunikation ist zu seiner Leitidee geworden. Zusammen mit Benjamin Zwack hat er den Hospitality-Effekt als erfolgsfördernden Moment für die Kommunikationsberatung in unterschiedlichen Branchen entdeckt. Zudem leitet er Schreib- und Fotoworkshops, um Teams kreative Werkzeuge für eine wirkungsvolle und authentische 360°-Kommunikation an die Hand zu geben.