Die Zinsen sind verlockend, der Wunsch nach dem Eigenheim ist groß, doch die Preise für Immobilien steigen stetig. In über 80 Prozent aller Privathaushalte ist der Kauf einer Immobilie die wichtigste wirtschaftliche Entscheidung des Lebens. Getrieben von dem Gefühl, die Zahlung einer Miete sei verschwendet, entscheiden sich viele für Eigentum. Angesichts extrem niedriger Kreditzinsen rechnet sich aktuell fast jede Baufinanzierung. Daher sind viele potenzielle Hausbesitzer in der Lage, sich finanziert von der Bank ein eigenes Häuschen oder eine eigene Wohnung leisten zu können. Ein Kauf scheint daher – trotz vergleichsweise hoher Kaufpreise – ökonomisch und emotional sinnvoll. Geht diese Rechnung am Ende wirklich auf?
Häuslebauer: erstrebenswerter Immobilien-Besitz?
Ein eigenes Zuhause ist eine höchst emotionale Angelegenheit: Manchmal geht dies sogar soweit, dass der Nestbautrieb die Realität verdrängt und Risiken und Kosten ausgeblendet werden. Der Traum von den eigenen vier Wänden, dem eigenen Besitz, ist lebendiger als je zuvor. Eigentum gilt immer noch als sichere Geldanlage und beste private Vorsorge fürs Alter. Vor allem die günstigen Bauzinsen liefern einen entscheidenden Grund, sich möglichst schnell den Traum vom Eigenheim zu erfüllen: Der Bau-Boom hält trotz steigender Preise an. Über 9.000 Hektar Wohnfläche entstehen jährlich in Deutschland. Dafür sorgen auch die stets steigenden Mieten: In über 80 Prozent der deutschen Großstädte sind die Preise für Wohnungen und Häuser in den letzten zehn Jahren gestiegen. Spitzenreiter ist München mit einem Plus von 95 Prozent. Für die Zukunft wird prognostiziert, dass die Mietwohnungen in Berlin, Potsdam und Hamburg um fast 15 Prozent teurer werden. Ganz anders sieht es in Gelsenkirchen, Halle und Chemnitz aus, hier ist ein Preisrückgang von 32 bis sogar fast 50 Prozent zu erwarten.
Der Gewinn liegt im Einkauf
Diese alte Kaufmannsweisheit wird oft vernachlässigt: Die Nachfrage nach Immobilien steigt aufgrund der Niedrigzinsphase schon seit längerer Zeit. Eine höhere Nachfrage bedeutet in der Regel aber höhere Preise, die Immobilien werden tendenziell teurer. Die Bundesbank hat kürzlich vor einer Überbewertung der Immobilienpreise um bis zu 20 Prozent gewarnt. Wissenschaftlich erwiesen ist eine mittlere Wertentwicklung aller Immobilien von rund einem Prozent im Jahr. Auch im aktuellen Umfeld sind nachhaltige Erhöhungen von mehr als zwei Prozent pro Jahr nicht realistisch. Wurde die Immobilie also um 20 Prozent zu teuer gekauft, muss mindestens eine 10-jährige Wartezeit bis zum verlustfreien Verkauf durchgehalten werden. Zu teuer einzukaufen, lohnt sich langfristig nicht.
Das Drama der Nebenkosten
Die böse Überraschung erleben Käufer oft erst nach Abschluss des Vertrages. Makler, Notar, Gericht und Grunderwerbssteuer kommen je nach Situation auf überschlägig 15 Prozent, seltener auf 10 Prozent des Kaufpreises. Das verlängert naturgemäß die Wartezeit bis zum Erreichen des Einstiegspreises erheblich. Häufig vernachlässigen Käufer diese Kosten in ihrer Kalkulation –und diese verschlingen dann die über viele Jahre angesparten Eigenmittel sehr schnell. Daher gilt vor dem Hauskauf: Die Nebenkosten sollten als Eigenkapital vorhanden sein. Jeder zukünftige Hausbesitzer muss vorab seine finanzielle Situation genau überdenken. Wie viel Einnahmen stehen zur Verfügung, welche Ausgaben gehen davon ab und welcher Betrag ist für die Darlehenstilgung aufwendbar? Zudem sollte der Hauskauf oder -bau nicht zu hundert Prozent über ein Darlehen finanziert werden. Ein Eigenkapitalanteil von mindestens 10 Prozent, besser sogar 20 Prozent, sollte zur Verfügung stehen.
Billiges Geld?
Wir leben in unbestritten attraktiven Zeiten für Kreditkunden. Im Bereich von zwei Prozent langfristige Kredite zu bekommen, galt viele Jahre als völlig unrealistisch. Aber genau deswegen haben die Kaufpreise so angezogen. Sobald die Zinsen wieder steigen, werden die Immobilienmärkte mit rückläufigen Preisen reagieren. Die Marktsituation ändert sich erfahrungsgemäß erstaunlich schnell. Ein heute abgeschlossener Vertrag für einen Hauskredit läuft in der Regel für die nächsten 10 bis 15 Jahre. Danach endet die Zinsbindung, das Haus ist aber in aller Regel noch nicht komplett abbezahlt. Nun muss ein neuer Darlehensvertrag zu den dann geltenden Zinssätzen abgeschlossen werden. Niemand vermag allerdings vorauszusagen, wie hoch diese dann ausfallen. Kann sich also ein Verbraucher heute die monatlichen Raten leisten, bereiten ihm später die gestiegenen Zinsen vielleicht Schwierigkeiten.
Jetzt oder nie?
Grundsätzlich gilt: Ein Grund reicht nicht, um sich zu verschulden. Auch die niedrigen Zinsen sollten nicht ausschlaggebend sein. Obwohl jetzt die Zeiten rauer werden –die Preise steigen, die Nebenkosten werden nicht weniger und an der Zinsfront ziehen langsam dunkle Wolken auf. Trotzdem: Jetzt zu kaufen lohnt sich nur, wenn sich die potenziellen Käufer in ein Objekt wirklich verliebt haben und wenn abseits der Nebenkosten weitere Eigenmittel verfügbar sind. Darüber hinaus sollten an dem neuen Wohnort gute Einkommensperspektiven bestehen. Wer sich vor dem Niedrigzins kein Haus leisten konnte, kann auch in der aktuellen Situation nicht. Hierbei gilt es vor der Kaufentscheidung die Vermögenssituation und die leistbare Kreditrate selbstkritisch einzuschätzen und zu prüfen, ob möglichst lange Zinsbindungen und hohe Tilgungsraten sinnvoll und vor allem möglich sind. Letztlich muss die Immobilie auch wirklich ihr Geld wert sein. Um sich dauerhaft festzulegen, im besten Fall für immer, müssen alle Faktoren stimmen.
Quell: www.finanzkun.de