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Kunst als Geldanlage: naiv oder realistisch?

by Redaktion
Die "Kunstagentin" in ihrer Galerie vor Bildern von Julia Benz. - Copyright: Die Kunstagentin
Die "Kunstagentin" in ihrer Galerie vor Bildern von Julia Benz. - Copyright: Die Kunstagentin

Die „Kunstagentin“ in ihrer Galerie vor Bildern von Julia Benz.
copyright: Die Kunstagentin

In Zeiten, in denen angelegtes Kapital quasi vernichtet wird, suchen Anleger nach einer Alternative für eine profitable Geldanlage. Experten sehen eine Lösung in Kunstobjekten. Wenn Sparbuchzinsen bei null liegen, die Aktienverläufe eine Kurve darstellen, die dem Gebirgsverlauf der Dolomiten entspricht, und Gold längst nicht mehr glänzt: Dann sollten Geldanleger nach Alternativen Ausschau halten. Ein interessantes Feld für Investoren sind Kunstobjekte. Bei einem Treffen erläuterte „Die Kunstagentin“ Anne Scherer, dass es für rentable Investitionen in Kunst mehr braucht als ein paar tausend Euro und etwas Halbwissen aus dem Internet.

Millionen Euro für Kunstobjekte muss nicht sein. „Mindestens 10.000 Euro sollten jedoch für den Einstieg zur Verfügung stehen.“

„Die Frauen von Algier“ spielen im internationalen Kunstgeschehen insofern eine Rolle, als sie für sehr viel Geld angeboten und für noch viel mehr Geld auch gekauft, besser gesagt ersteigert wurden. Denn für „Les femmes d’Alger“, ein Gemälde von Pablo Picasso, bekam ein Käufer im Mai 2015 nach einem Gebot von 179,4 Millionen Dollar den Zuschlag. Der Hammer fiel im New Yorker Auktionshaus Christie’s nach einem Bieterwettstreit und 30 abgegebenen Geboten, das finale Gebot kam per Telefon. Der letzte bekannte Wert – oder sagen wir besser bezahlte Preis – für Picassos Hommage an seinen Kollegen Henri Matisse datiert aus dem Jahr 1997. Seinerzeit wurde das Kunstwerk für 32 Millionen Dollar versteigert. Ein Plus von 147,4 Millionen Dollar, eine Steigerung um 560 Prozent. Aber dabei handelt es sich um Summen, mit denen die „High Roller“ jonglieren.

„Für den Einstieg in den Kunstmarkt sollte schon eine Summe von über 10.000 Euro zur Verfügung stehen“, weiß „Die Kunstagentin“ Anne Scherer, die in der Maastrichter Straße in Kölns Belgischem Viertel eine Galerie betreibt. Der Ort hat Charme. Ein 400 Quadratmeter großer Gewölbekeller, die Ziegelsteinwände sind weiß getüncht. Momentan werden Bilder von Julia Benz ausgestellt. Die Berliner Künstlerin beschäftigt sich mit den idyllischen Ansichten der Natur, verstört den Betrachter dann aber mit Szenen wie einem verunglückten Wohnwagen.

Julia Benz ist eine interessante junge Künstlerin, in der ich ein sehr hohes Potenzial sehe“, ist Scherer überzeugt. „Noch sind ihre Werke verhältnismäßig günstig zu bekommen, da sie sich in einem frühen Stadium ihrer Karriere befindet. Sie geht bewundernswert konsequent ihren Weg und versteht es, immer mehr Menschen für ihre Kunst zu begeistern.“ Folglich steigt die Nachfrage nach ihren Arbeiten kontinuierlich.

Kunst als Geldanlage: Je früher der Einstieg, desto höher liegen Risiko und Rendite

Nimmt ein Kunstwerk den Weg vom Künstleratelier über die Galerie zum Käufer, beziehungsweise Sammler, so nennt man dies den „Primärmarkt“. Dies ist der früheste und günstigste Weg, ein Kunstwerk zu erwerben. Er birgt das größte Investitionsrisiko, aber gleichzeitig die höchste Chance auf Rendite, wobei ein Totalverlust im Gegensatz zu anderen Investitionen ausgeschlossen ist. Die in den Medien gerne zitierten Höchstpreise von einzelnen Kunstwerken entstehen im Sekundärmarkt.

Bei internationalen Kunstauktionen bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis und damit den Marktwert des Künstlers. Je höher der Marktwert des Künstlers, desto hochpreisiger seine Werke. Das Investitionsrisiko wie auch die relativen Gewinnchancen sind geringer.

Entscheidend für gute Investitionen in Kunst sind Expertise und Geduld. Anne Scherer ist dabei nicht nur Galeristin, die einzelne Künstler betreut und vermarktet. Für ihre Kunden managt sie den Aufbau ganzer Sammlungen, tätigt An- und Verkäufe und steigert bei Auktionen in aller Welt mit. Dank langjähriger Erfahrung weiß sie ein Limit zu setzen, das dann auch strikt eingehalten wird.

„Urban Art“– ein Thema mit Zukunft

Anne Scherer begeistet sich für aufstrebende Künstler der "Urban Art"-Szene. - copyright: Andreas Lichter

Anne Scherer begeistet sich für aufstrebende Künstler der „Urban Art“-Szene.
copyright: Andreas Lichter

Schon früh kam die diplomierte Wirtschaftsjuristin dank eines kunstaffinen Elternhauses mit Museen, Galerien und Veranstaltungen in Berührung. Ihre Zeit beim MODART Magazin und der REBEL Media Gruppe muss der Traum eines jeden Kunstberaters gewesen sein. Im Auftrag von REBEL Art Ltd jettete sie um die Welt, um Privat- und Unternehmenssammlungen aufzubauen. Wobei die Kunstmetropolen wie New York, London, Paris und Berlin geradezu magnetische Anziehungskräfte hatten. Denn hier spielt sich die junge zeitgenössische Kunst ab, „Urban Art“, das Spezialgebiet der Kunst-Managerin. Die eigene Galerie eröffnete sie 2011. Aufgrund ihres „jungen“ Programms sind die Galeriebesucher eher ein jüngeres Publikum.

Auch beim Kunstkauf gilt die Regel: „Die Größe macht’s!“ Kleine Zeichnungen auf Papier werden ab 475 Euro gehandelt, eine großformatige Leinwand von Julia Benz wird für 18.000 Euro angeboten. Wer also mit dem Gedanken spielt, eine Benz ins Wohnzimmer zu hängen, kann darauf vertrauen, dass das Großgemälde seinen „finanziellen“ Vorsprung verteidigt. Nur in wenigen Ausnahmen kommt es vor, dass das Kleinformat den großen Bruder überholt.

Ist es die Wertanlage allein, die jemanden zum Kunstsammler machen könnte? Sicher nicht. Nur Investor zu sein und auf Kapitalertrag zu spekulieren, ist kein Grund für die Sammelei. Selten mal, dass ein Objekt im Preis signifikant fallen würde. Eher ist es so, dass Kunstpreise im Laufe der Zeit anziehen. Das hehre Motiv, die Liebe zur Kunst in ihrer ganzen Vielfalt oder aber nur zu einem kleinen Teilaspekt ist für den Collector sicherlich der schönste Antrieb. Und schließlich geht es ja auch ums Prestige.

Nicht nur eine reine Geldanlage: Kunst ist Leidenschaft, Eisbrecher und Brückenschlag

Es sind häufig große Unternehmen, Banken und Versicherungen etwa, die Kunstwerke anschaffen, um einerseits Büros und Konferenzräume auszustatten. Auf der anderen Seite dient Kunst auch als Eisbrecher. Treffen zwei Menschen zum ersten Mal aufeinander, ist ein interessantes Kunstobjekt im Raum rasch Thema Nummer eins. Kunst sammeln ist ein fantastisches Hobby, die Wertsteigerung ein schöner Nebeneffekt. Sollte ein Kunstwerk wirklich einmal einen hohen Gewinn abwerfen, bleibt dieser sogar vom Fiskus verschont. Einzige Bedingung: Das Bild oder auch die Skulptur muss mindestens ein Jahr lang im eigenen Besitz gewesen sein.

Wer nun meint, in Eigenregie die kommenden Stars der Szene herausfiltern zu können, der muss gewarnt werden. Hat man etwas Glück und den richtigen Riecher, winken enorme Wertsteigerungen. Dies ist aber eher die Ausnahme. Wer auf eigene Faust investiert, ohne den entsprechenden Background zu besitzen, muss damit rechnen, dass Renditen ausbleiben oder sich der Wert einer Sammlung gar verringert. Denn für die Kunst als Sammelgebiet gilt, wie für andere Sammelgebiete auch, je umfangreicher das Wissen über die Künstler und die jeweilige Kunstrichtung ist, desto besser lassen sich Risiken und Chancen abwägen und umso größer ist der Spaßfaktor beim Kunstsammeln.

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