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Der Kölner Zoo – ein Blick hinter die Kulissen

Im Gespräch mit Zoodirektor Theo Pagel

by Redaktion
Im Gespräch mit Zoodirektor Theo Pagel

Im vergangenen Jahr verbuchte der Kölner Zoo etwa 1,2 Millionen Besuche. Neben der Tatsache, dass Tierfreunde hier mehr als 10.000 Tiere beobachten können, dürfte der Erfolg des Zoos vor allem darin begründet liegen, dass er sich stetig weiterentwickelt und in puncto Artenschutz und Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle einnimmt.

DIEWIRTSCHAFT: Sie haben Ihr gesamtes akademisches und berufliches Leben der Zoologie gewidmet – woher kommt diese Leidenschaft und was hält sie am Leben?

Theo Pagel: Bereits als kleiner Junge bin ich durch meinen tierlieben Vater mit Tieren aufgewachsen und habe so die Liebe und Leidenschaft für Tiere quasi fast mit der Muttermilch aufgenommen. Schon früh habe ich verschiedenste Vogelarten, aber auch Säuger bis zum Waschbären daheim gehalten und gezüchtet. Natur, Tiere im Speziellen begeistern mich. Mich für ihren Erhalt einzusetzen ist meine Passion und Leidenschaft.

DIEWIRTSCHAFT: Wenn man für mehr als 10.000 Tiere verantwortlich ist: Besteht da noch das Bedürfnis, privat Haustiere zu haben?

Theo Pagel: In der Tat war ich niemals ohne Hund daheim – mein Vater züchtete früher Cockerspaniels und später Englische Setter. Momentan beherbergen wir einen Hund und einen Dackel, genauer gesagt einen Korthals Griffon und einen Kurzhaarteckel. Richtig gelesen, Hund und Dackel – das sind unterschiedliche Wesen, glauben Sie mir. Zudem habe ich daheim noch Schildkröten und Eidechsen.

Bildung für jedes Alter

DIEWIRTSCHAFT: Neben Ihrer Arbeit als Zoodirektor arbeiten Sie auch als Honorarprofessor an der Universität zu Köln: Welche Lücken füllt diese Tätigkeit, die Ihnen in Ihrer Arbeit als Zoodirektor fehlen?

Theo Pagel: Die Tätigkeit mit den Studierenden füllt keine Lücke, sondern gehört für mich zum Bildungsauftrag des Kölner Zoos. Bei der Lehre an der Uni – übrigens finden unsere Kurse immer im Zoo statt – werde ich durch verschiedene Mitarbeiter*innen auf Abteilungsleiterebene unterstützt. Es ist uns wichtig, die jungen, angehenden Biologen über Diversität, Tiergartenbiologie und unsere Arbeit zu informieren. Erwachsenenbildung. Zudem ermöglicht uns diese Arbeit, immer wieder über Praktika bis hin zur Promotion interessante Themen bearbeiten zu lassen.

Ansonsten ist der Kölner Zoo ja von der Vorschule bis zur Besucherbildung aktiv. Unsere Zooschule wird von rund 22.000 Schüler*innen besucht.

DIEWIRTSCHAFT: Sie teilen sich die Zooleitung seit 2007 mit Herrn Landsberg. Was sind Ihrer Meinung nach die Vorteile einer Doppelspitze?

Theo Pagel: Angefangen habe ich in der Tat als Einzelvorstand, wusste aber, dass die Stadt Köln – wir sind ja eine Beteiligungsgesellschaft der Stadt Köln – das Vieraugenprinzip wünscht, und schon bald waren wir zu zweit. Wir beide ergänzen uns gut und bekanntlich können vier Schultern mehr stemmen als zwei. Wir können viele Dinge gemeinsam besprechen und hinterfragen. Das hilft und der Erfolg zeigt, dass wir ein gutes Team sind. Und ehrlich gesagt hat Christopher Landsberg vor allem die Themenfelder zu besetzen, die mir nicht ganz so viel Freude machen – z. B. Bilanzen.

Der Balistar ist eine vom Aussterben bedrohte Vogelart aus Asien, die erfolgreich im Kölner Zoo nachgezüchtet wird

Der Balistar ist eine vom Aussterben bedrohte Vogelart aus
Asien, die erfolgreich im Kölner Zoo nachgezüchtet wird

DIEWIRTSCHAFT: Auf welche Veränderungen, die seit Ihrer Zeit als Zoodirektor im Zoo umgesetzt wurden, sind Sie besonders stolz?

Theo Pagel: Stolz bin ich darauf, dass ich ein sehr gutes Team habe, das gemeinsam an unserer Weiterentwicklung arbeitet und sich sehr einsetzt. Nur gemeinsam konnten wir all das erreichen, was wir geschaffen haben.

Stolz bin ich nicht nur auf die zahlreichen herausragenden Zuchterfolge, unseren Masterplan und die bauliche Weiterentwicklung des Kölner Zoos. Für mich sind vor allem auch die Ziele Bildung, Forschung und Artenschutz wichtig. Und hier spielen wir auch in der Champions League. Der 2022 eingeführte Artenschutz-Euro hilft uns, unsere weltweiten Naturschutzprojekte voranzutreiben, Arten zu erhalten. Noch 2023 werden wir im Zuge der sogenannten Reverse-The-Red-Initiative der Weltnaturschutzunion (IUCN) und des Weltzooverbandes (WAZA) eine Stelle für Artenschutz einrichten. Damit wird der Kölner Zoo der erste Zoo in Deutschland sein, der ein sog. Center for Species Survival einrichtet – das ist zukunftsweisend und zukunftssichernd. Letztes Jahr haben wir zudem eine Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet, die wir nun mit Leben füllen.

Der Zoo als mittelständisches Unternehmen

DIEWIRTSCHAFT: Erst die Pandemie, dann die Inflation mitsamt ihren steigenden Energie- und Futterkosten: Wie gelingt es Ihnen, den Zoo unter all diesen Umständen in Betrieb halten zu können?

Theo Pagel: Letztlich sind wir ein mittelständisches Unternehmen, das eben auch entsprechend haushalten muss. Wir haben es geschafft, dass wir rund 80 Prozent dessen, was wir benötigen, selbst erwirtschaften. Neben den Einnahmen aus den Eintritten sind Sonderveranstaltungen wie China Light und natürlich unsere beiden Tochterunternehmen zu nennen. Die Zoo Shop GmbH und die Zoo Gastronomie GmbH erwirtschaften zusätzliche Gelder für uns. Darüber hinaus versprechen wir uns viel von unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Ein Energie-Audit läuft und unsere Leuchtmittel sind bereits alle auf LED umgestellt worden – so etwas hilft bei Einsparungen.

DIEWIRTSCHAFT: Welche finanziellen Förderungen oder Unterstützungen erhalten Sie, von den Eintrittsgeldern der Besucher abgesehen, um gewährleisten zu können, dass die Betriebskosten immer gedeckt werden können?

Theo Pagel: Der Zuschuss der Stadt liegt derzeit bei rund 3,5 Millionen Euro. Früher war er deutlich höher, aber wir machen uns mehr und mehr unabhängig davon. Doch ganz verzichten möchten wir nicht darauf, schließlich erfüllen wir wichtige gesellschaftliche Aufgaben. Außerdem sind wir ein Leuchtturm für Köln und die Region.

DIEWIRTSCHAFT: Unter Tierfreunden gibt es zum Thema Zoo zwei unterschiedliche Lager: das eine, das Tiere gerne anschaut, regelmäßig in den Zoo geht und der Meinung ist, dass die Tiere dort ein behütetes, sicheres und gutes Leben haben. Und das andere, das Gehegehaltung als Einschnitt in die Freiheit und Tierquälerei betrachtet.

Auch das Okapi ist ein Beispiel für den Schutz von gefährdeten Arten in Zoos

Auch das Okapi ist ein Beispiel für den
Schutz von gefährdeten Arten in Zoos

Was entgegnen Sie den Kritikern?

Theo Pagel: Erfreulicherweise ist die große Mehrheit der Gesellschaft pro Zoo – sie haben das Modell Zoo verstanden: erholen, erlernen, erforschen, erhalten. Das zeigen auch die Besucherzahlen. Jährlich besuchen 64 Millionen Menschen in Deutschland einen Zoo – das sind mehr als doppelt so viele Besucher, wie die Erste und Zweite Bundesliga haben! Der Kölner Zoo verbuchte 2022 über 1,2 Millionen Besuche. Tiere sind auch in der Wildnis nicht frei, hier haben sie auch Reviergrenzen. Das Leben in der Wildnis ist nicht das Paradies, sondern „survival of the fittest“. Im Zoo ist es wichtig, dass die Tiere beschäftigt werden und ein verhaltensgerechtes Leben haben. Ein gutes Beispiel dafür ist bei uns die Elefantenhaltung. Unsere Asiatischen Elefanten leben in einer Familienherde, so wie in der Wildnis, und werden nicht mehr wie früher angekettet. Tierschutz und Tierwohl haben bei uns oberste Priorität. Das gewährleisten wir mit gelernten Zootierpflegern, Biologen und Veterinärmedizinern. Uns liegen unsere Tiere am Herzen und deshalb verbessern wir stetig ihre Pflege und Haltung.

DIEWIRTSCHAFT: Gibt es eine Tierart, die noch nicht in Ihrem Zoo vertreten ist und die Sie gerne aufnehmen würden? Welche wäre das und warum?

Theo Pagel: In der Tat hätte ich einen Wunsch, der sich aber nicht erfüllen wird. Das australische Schnabeltier. Ein Eier legendes Säugetier mit Giftstachel und Entenschnabel. Kein Witz. Das würde ich gerne zeigen, da es so außergewöhnlich ist. Aber es wird kaum möglich sein, solche Tiere aus Australien zu importieren, obgleich es mehrere Zoos dort gibt, die diese außergewöhnlichen Tiere halten und züchten.

DIEWIRTSCHAFT: In der mehr als 150-jährigen Geschichte des Kölner Zoos fand ein stetiger Wandel statt. Was sind Ihre Visionen für die Zukunft des Zoos?

Theo Pagel: Unsere Visionen kann man sich bei uns auf der Homepage anschauen. Dort haben wir unseren Masterplan hinterlegt. Wir haben uns Gedanken gemacht, welche Tiere und wie wir diese halten wollen. Eine tiergeografische Gliederung, naturnahe Gehege. Und in diesem Jahr ist es uns gelungen, die Wiesen vor dem Zoo noch zu bekommen, die wir aber zugegebenermaßen im Masterplan schon verplant hatten. Zudem möchten wir einen roten Faden durch den Zoo ziehen, z. B. mit Bildungsthemen, was kann ich selbst tun. Wir möchten unsere Gäste in die Lage versetzen, vorab ihren Zoobesuch besser zu planen, den Tag interessanter zu gestalten. Über moderne Medien wollen wir zusätzliche Informationen anbieten und unsere Gäste auch nach dem Zoobesuch mit uns in Verbindung halten. Artenschutz geht uns alle an.

(Jana Leckel)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 07.2023 

Bildquellen

  • Prof. Theo Pagel Balistar: Kölner Zoo
  • Prof. Theo B. Pagel_Okapi_: Kölner Zoo
  • Theo Pagel: Alex Weis

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