Startseite Finanzen & Märkte Ein hoher Preis: Wie umgehen mit der aktuellen Inflation?

Ein hoher Preis: Wie umgehen mit der aktuellen Inflation?

by Redaktion
Über Jahre hinweg war die Inflation kein großes Thema, doch nun steigen seit Monaten die Preise rasant. copyright: Envato / wutzkoh

Die Inflationsrate in Deutschland ist so hoch wie seit etwa 30 Jahren nicht. Nicht nur hierzulande müssen Verbraucher und Unternehmen für dieselben Produkte immer tiefer in die Tasche greifen, besonders Energie und Treibstoff sind derzeit besonders teuer. Das Problem belastet die gesamte Weltwirtschaft. Die Frage: Ist das nur ein vorübergehendes Phänomen oder bleibt es bei diesem Trend oder wird es sogar noch schlimmer?

Über Jahre hinweg war die Inflation kein großes Thema und musste es auch nicht sein. Die Preissteigerungen in den vergangenen Jahren waren moderat, gleichzeitig stiegen die Löhne. In der Corona-Pandemie profitierten Verbraucher zudem von zwischenzeitlich verringerten Mehrwertsteuersätzen, die den Konsum ankurbeln sollten. Auch medial wurde das Thema fast gar nicht wahrgenommen. Gründe dafür gab es nicht. Diese Entwicklung hat sich nicht weiter fortgesetzt, im Gegenteil.

Zahlreiche Ausfälle bei Weizenernte

Schon vor einigen Monaten wurde beispielsweise Brot deutlich teurer. Bei der Ernte von Weizen gab es Probleme in zahlreichen Regionen durch Ausfälle. Toastbrot, Nudeln, Käse und Co. kosten einige Cents mehr pro Packung, eine spürbare Auswirkung im Geldbeutel hat dies aber nicht unbedingt zur Folge. Anders ist dies insbesondere bei den Energiekosten. Seit einigen Monaten reißt man an den Tankstellen die Augen auf, weil man kaum glauben mag, wie teuer Benzin, Diesel und Co. sind. Wer aktuell seinen Heizöltank auffüllen lassen muss, braucht ebenfalls starke Nerven.

Doch gab es bei den Energiekosten zum Jahresende 2021 nicht mehr allzu hohe Sprünge, wie die Bundesbank mitteilt. Die Inflationsrate verharrt dennoch weiterhin auf sehr hohem Niveau. Im Dezember seien die Verbraucherpreise im Vergleich zum November 2021 nur noch etwas angestiegen, wie der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) zeigt. „Die Energiepreise gaben infolge der fallenden Rohölnotierung erstmals seit einigen Monaten spürbar nach“, berichtet die Bundesbank.

Der Anstieg bei Dienstleistungen habe sich ebenfalls etwas abgeschwächt. „Nahrungsmittel verteuerten sich dagegen recht deutlich und bei Industriegütern ohne Energie blieb der Druck, von Bekleidung abgesehen, hoch“, schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht. Die Teuerungsrate sank gegenüber dem Vorjahr von insgesamt 6,0 Prozent auf 5,7 Prozent, liegt aber dennoch weiterhin auf einem hohen Niveau.

Überdurchschnittliche hohe Preissteigerung

Für das Gesamtjahr 2021 gibt der HVPI eine überdurchschnittlich hohe Preissteigerung an. Nach 0,4 Prozent im Jahr 2020 sei die HVPI-Rate im Jahr 2021 auf 3,2 Prozent gestiegen. Als Gründe gibt die Bundesbank Sondereffekte wie die Einführung des Klimapakets, die Erholung der Rohölentgelte und die Rücknahme der zwischenzeitlichen Mehrwertsteuersätze an.

Aufgrund von Lieferengpässen und daraus resultierenden Anpassungen zur Kompensation haben sich die Kosten für Dienstleistungen und Industriegüter ohne Energie merklich erhöht. „Da diese Faktoren auch ins neue Jahr hineinwirken, dürfte die Rate zu Jahresbeginn 2022 weiter außerordentlich hoch bleiben, obwohl die oben genannten Sondereffekte entfallen. Hinzu kommt, dass aufgrund der erheblich angestiegenen Marktnotierung für Erdgas die entsprechenden Endkundentarife kräftig angehoben werde“, so die Einschätzung der Fachleute.

Weltwirtschaft von Inflation betroffen

Die Verbraucherpreise verharren seit Jahren auf hohem Niveau. copyright: Envato / ivankmit

Die Verbraucherpreise verharren seit Jahren auf hohem Niveau.
copyright: Envato / ivankmit

Das Inflationsproblem betrifft nicht nur Deutschland, sondern den gesamten Euroraum und auch jenseits des Atlantiks in den USA zogen die Verbraucherpreise deutlich an. Über Monate hinweg haben die US-Notenbank FED und die Europäische Zentralbank EZB dem Treiben zugesehen. Doch nun wird der Druck größer zu handeln. Die FED will handeln, damit die Situation kein dauerhaftes Problem in den USA wird. Sowohl FED als auch EZB haben in den vergangenen Monaten dabei zugesehen, wie sich Preise teils massiv erhöht haben, und haben die Lage als vorübergehende Lage beschrieben.

Gründe für diese Haltung gibt es genügend, denn durch die Corona-Pandemie gab es Sondereffekte durch Lockdowns, gestörte Lieferketten, Öffnungen, neue Lockdowns und was sonst noch alles aus dem Takt geraten ist. Nachdem man nun lange das Treiben beobachtet hat, ist insbesondere die FED jetzt in der Situation, handeln zu müssen. Dreimal will man in diesem Jahr die Zinsen mindestens anheben, bei Bedarf sogar noch häufiger. Wertpapierkäufe sollen erst mal bis Ende März vollständig heruntergefahren werden. Das wird man auf den gesamten Weltmärkten spüren.

Was macht die EZB?

Bei der EZB hält man sich noch relativ bedeckt und glaubt, dass sich die Problemlage schon wieder lösen wird. Doch die Zukunftsprognosen, muss selbst EZB-Chefin Christine Lagarde einräumen, sind von vielen Unsicherheiten geprägt. Zinserhöhungen sind nicht in Planung, selbst Strafgebühren, die die Geschäftsbanken auf Einlagen zahlen müssen, bleiben bestehen. Einzig bei den Wertpapierkäufen will man das Tempo drosseln, aber anders als die FED nicht vollständig stoppen. Im gesamten Euroraum sind die Verbraucherentgelte im Durchschnitt um mehr als fünf Prozent nach oben geschnellt. In Frankreich geschah dies etwas weniger, in anderen Staaten hingegen etwas stärker.

Für Deutschland erwartet die Bundesregierung für das Jahr 2022 noch einmal eine hohe Teuerungsrate in Höhe von 3,3 Prozent, wie im aktuellen Jahreswirtschaftsbericht prognostiziert wird. Das würde damit das 2-Prozent-Ziel der EZB noch einmal deutlich übersteigen. Die Verbraucher dürften die erhöhten Kosten noch einmal deutlich stärker spüren. Gleichzeitig reduzierte die Bundesregierung die Erwartungen für das Wirtschaftswachstum zuletzt. Kein Wunder, denn durch die hohe Inflation sinkt gleichzeitig die Kaufkraft. Das wird insbesondere die Betriebe treffen, die durch die Corona-Pandemie starke Einbußen hinnehmen mussten und darauf hoffen, dass sich nach der Omikron-Welle und anschließenden Lockerungen wieder mehr Kunden für ihre Dienstleistungen und Produkte interessieren und sie kaufen werden. Fragt sich nur, ob sie es sich dann noch leisten können und wollen oder weitere Investitionen lieber aufschieben.

Mindestlohn von 12 Euro eine Lösung?

Ist ein Mindestlohn von 12 Euro eine Lösung? copyright: Envato / Fasci

Ist ein Mindestlohn von 12 Euro eine Lösung?
copyright: Envato / Fasci

Da klingt es für viele Menschen, gerade mit geringem Einkommen, gut, dass die Bundesregierung eine drastische Anhebung des Mindestlohns schon ab Oktober 2022 plant. Aktuell liegt dieser bei 9,82 Euro pro Stunde. Mit einem Mindestlohn von 12 Euro würde ein grundlegendes Wahlversprechen umgesetzt werden. Doch ist fraglich, ob diese Mindestlohnerhöhung nicht auch drastische Auswirkungen auf die Preise haben wird. Werden Arbeitnehmer kostenintensiv für Unternehmen, werden diese auch die Mehrkosten wieder erwirtschaften müssen. Der einfachste Weg, dies zu tun, ist, die Entgelte für Dienstleistungen und Produkte zu erhöhen, was wiederum die Preisspirale anheizen würde. Je nachdem, wie hoch diese ausfallen, wäre der Effekt des höheren Arbeitslohns, auch wenn der Sprung von knapp unter zehn auf zwölf Euro massiv wäre, womöglich schnell wieder verpufft. Die Gefahr, dass sich Kaufpreise und Löhne immer weiter in die Höhe schaukeln, ist gegeben.

Ein wichtiger Faktor, um auch mit Inflationsraten über zwei Prozent dauerhaft klarzukommen, liegt in einer wachsenden Wirtschaft und steigenden Löhnen. Doch ob das auch wirklich wie erhofft eintritt, ist fraglich. Sogar das Gegenteil erscheint möglich, wenn an falschen politischen Stellschrauben gedreht wird.

Im Interview mit der „Welt“ sieht Michael Hüther, Chef des IW Köln, sogar die Möglichkeit einer Stagflation: „Die steigenden Preise, die wir im Moment erleben, sind immer noch Folgen der Pandemie und der Probleme in den Lieferketten. Hinzu kommen politische Effekte, die Öl- und Gaskosten steigen lassen, und natürlich auch klimapolitische Maßnahmen. Der steigende CO2-Entgelt schlägt auch auf die Teuerung durch. Das ist der Moment. Über den Tag hinaus kann daraus etwas Besorgniserregendes entstehen. Europa droht eine Stagflation, wenn die Politik nicht aufpasst. Ich rede hier nicht über dieses oder kommendes Jahr, sondern weit in das Jahrzehnt hinein, das vor uns liegt. Eine längere Phase der Stagflation ist eine reale Gefahr.“

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