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Klimakrise auf dem Vormarsch

by Redaktion

Egal, wer den Krieg gewinnt – das Klima verliert

Es ist Sommer, es ist das Jahr 2032. Es ist heiß, superheiß. Man erinnert sich an einen Sommer vor exakt zehn Jahren und denkt sich, dass das doch damals ein angenehmer Sommer war. Immerhin wurden die damaligen Temperaturrekorde knapp verfehlt, nur selten ging das Thermometer an die 40-Grad-Marke heran. Es war zwar oft sehr warm und auch wieder viel zu trocken, aber eigentlich war es doch ganz okay.

Extremwetter wird es häufiger geben. Wochenlange Hitzeperioden, gefolgt von sintflutartigen Regenfällen. So wie es vor gut 14 Monaten der Fall war, als ebenjene Regenfälle eine Katastrophe herbeiführten. Ahr, Erft, Kyll und viele weitere meist so kleine, beschauliche Bäche und Flüsse bauten sich zu Flutwellen auf und überrollten alles und jeden. Etwa 140 Menschen starben infolge der Flut. Der finanzielle Schaden ist kaum zu bemessen gewesen. Der gesamte Wiederaufbau soll etwa 30 Milliarden Euro verschlingen und es wird noch Jahre dauern, bis alle Spuren beseitigt sind.

Das Bild in diesem Sommer ist hingegen ganz anders. Während im vergangenen Sommer Wassermassen die Eifelregion und das Rheinland heimsuchten, fehlt dem Rhein diesmal das Wasser. Je nachdem, auf welchen Ort man guckt, und je nachdem, wo der Pegel angebracht wurde, wurden sogar Minuswerte übermittelt. Zwar ist die Schifffahrt, weil die Fahrrinnen noch ausreichend Wasser führten, gesichert gewesen. Doch häufig ging es nur mit halber Ladung voran. Das Problem: Wir müssen uns wohl darauf einstellen, dass solche Extremwetterlagen immer häufiger auftreten werden. Der Einfluss, den der Mensch auf das Wetter hat, wird immer deutlicher. Experten und Wissenschaftler warnen mittlerweile seit Jahrzehnten vor dem Klimawandel. Der Planet Erde heizt sich immer weiter auf, während ohne Pause weiterhin Millionen Tonnen CO2 und andere klimaschädliche Gase in die Atmosphäre geleitet werden. In den Alpen schmelzen Gletscher in Rekordzeit. In den USA kamen Dinosaurierspuren in einem Flussbett zum Vorschein, die über zig Millionen Jahre niemand vorher je zu Gesicht bekommen hatte. Und während die Bewohner dieses Planeten eigentlich alles unternehmen müssten, um den Klimawandel noch irgendwie abzumildern oder gar aufzuhalten, führen sie Krieg gegeneinander. Und dieser Krieg, der nun seit über 200 Tagen in der Ukraine wütet, tut niemandem gut – auch nicht dem Klima. Während die Ukrainer mit allen Mitteln versuchen, ihr Land zu verteidigen, steuert die Bundesrepublik direkt in eine Energiekrise hinein.

Ein Rohstoff, der die Welt regiert

Es war das Jahr 1859, als der zunächst für seine Bohrungen belächelte Edwin Drake in Pennsylvania auf Öl stieß. Unmittelbar danach begann der Siegeszug dieses schwarzen schmierigen Stoffs, der aber voller Energie steckt. Von Klimawandel, Treibhausgasfreisetzung und Kippelementen im Erdklimasystem wusste damals noch niemand. Einen Vorwurf kann man dem Entdecker also nicht machen. Doch spätestens seit den 1970er-Jahren wurde das Problem, das mit dem exzessiven Einsatz fossiler Energieträger einhergeht, deutlich – es zerstört den Planeten oder macht ihn zumindest an vielen Orten unbewohnbar. Noch vor dem Öl wurde zunehmend Kohle gefördert. Weltweit wurden Eisenbahnen damit betrieben, noch bevor das Automobil sich gegen die Pferdekutsche durchsetzen konnte. Die großen und schon damals reichen Länder waren schnell auf der Suche nach billigem Öl und fanden es vor allem in der Golfregion, also Saudi-Arabien, Kuwait, Irak oder Iran. Und auch die deutsche Wirtschaft profitierte über einen sehr langen Zeitraum von günstigen fossilen Energieträgern. Ohne billiges Öl hätte es wohl kein Wirtschaftswunder in der Nachkriegszeit gegeben. Und auch in der Folge bauten die großen Industrieländer darauf, dass Energie möglichst billig ist, um die Wirtschaft gut anzukurbeln.

Der Krieg in der Ukraine hat diese Zeit der billigen Rohstoffe beendet. Denn insbesondere der Staat, von dem wir uns so abhängig gemacht haben in den vergangenen Jahren und der Öl, Kohle und Gas zum günstigen Preis nach Deutschland und in die EU lieferte, ist nun zu einem Staat geworden, von dem wir nichts mehr haben wollen. Energie wurde schlagartig teurer, nachdem schon zuvor die Energiepreise zum Herbst und Winter 2021 deutlich zulegten. Doch ohne Energie funktioniert es nicht. Händeringend werden neue Anbieterstaaten gesucht, gleichzeitig wird die heimische Energieproduktion mit Kohle wieder hochgefahren. Doch ist der Transport der Kohle, der häufig mit dem Schiff erledigt wird, problematisch, denn dem Rhein fehlt das Wasser. Kohletransporte auf der Schiene sind die Alternative und diese erhalten nun auch Vorfahrt. „Wir wollen uns so schnell wie möglich aus der Klammer der russischen Energieimporte befreien. Vorübergehend heißt das, dass wir russisches Gas im Stromsektor auch durch Kraftwerkskohle und Mineralöl ersetzen müssen. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, müssen wir dafür auch die Lieferwege umstellen. Das verlangt eine sehr anspruchsvolle Logistik, die es notwendig macht, Energietransporte auf der Schiene zu priorisieren“, erklärt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. „Die Versorgung der Kraftwerke abzusichern und so die Energieversorgung der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, ist eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe. Denn die Binnenschifffahrt kann bedingt durch das Niedrigwasser nur reduzierte Lasten transportieren und die wichtigen Bahntrassen sind auch ohne zusätzliche Energietransporte teilweise bereits über-, zumindest aber stark ausgelastet. Wir müssen deshalb überlegt und in sorgfältiger Abwägung Transporte priorisieren. Das ist keine leichte Entscheidung, weil es im Zweifel bedeutet, dass in diesen Fällen andere Züge warten müssen. Umso wichtiger ist es, bereits heute klare Regeln zu schaffen, bevor der Energiebedarf und damit die Nachfrage nach Energietransporten in Herbst und Winter steigt“, fügt Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, hinzu.

Wo bleibt die Energiewende?

Während nun die Kohletransporte aufgrund der klimatischen Bedingungen den Transportweg wechseln müssen, fragt man sich, was eigentlich aus der Energiewende werden soll. Wo sind die Fotovoltaikanlagen? Was ist mit Windrädern? Wieso läuft es nicht rund mit der Produktion von grünem Wasserstoff? Wäre die Energiewende nicht die Lösung, um sich wirklich von all dem Gas, der Kohle und dem Öl zu lösen, die Staaten anliefern, mit denen wir eigentlich aufgrund von Menschenrechtsfragen oder gar kriegerischen Handlungen keine Geschäfte machen wollen bzw. sollten? Die Politik in Berlin bietet derzeit nur wenige Antworten. Die aktuelle Krise treibt selbst Grünenpolitiker zu unpopulären und in jedem Fall klimakillenden Entscheidungen.

Von der Energiewende, unzähligen Windrädern und Fotovoltaikanlagen hörte man zuletzt nur noch selten und wenn, dann in dem Zusammenhang, dass sowohl Material fehlt als auch nicht genügend Fachkräfte vorhanden sind, um das Material, vor allem die Anlagen für den Strom aus Sonnenenergie, auch zu installieren. Das ist besonders schade, denn es gibt genug Dächer, die frei sind und denen eine Fotovoltaikanlage stehen würde, und das bezieht sich nicht nur auf große Dächer von Fabriken und Lagerhallen, sondern auch von privaten Wohngebäuden. Kirchen könnten mit solchen Energiefängern für Sonnenenergie ihr ramponiertes Image möglicherweise aufbessern. Denn ein Großteil der Gebäude wurde entsprechend der Ostung gebaut, heißt, sie sind in Richtung der aufgehenden Sonne ausgerichtet.

Doch die Menschen müssen nicht darauf warten, dass die Politik handelt, sie können auch selbst aktiv werden, ausreichend Beispiele insbesondere von kleineren Ortschaften gibt es. Dort haben sich Bürger formiert, Energiegenossenschaften gegründet und werden in der aktuellen Situation wohl auch mit steigenden Energiekosten konfrontiert, aber nicht in dem Maße, wie es dem Rest der Bevölkerung ergeht. Stattdessen können die Menschen ordentliche Renditen auf ihre Anlagen erzielen. Weltweit bekannt als Energiedorf ist so bspw. Wildpoldsried in Bayern. Ein Blick nach Südamerika zeigt, dass es dort auch national gelingen kann, sauberen Strom zu produzieren. Uruguay ist ein wahrer Champion der Windenergie. Bauern profitieren von Provisionen, die sie erhalten, wenn Energieversorger ihre Windräder auf ihrem Grund und Boden errichten dürfen. Das kleine Land kann etwa 97 Prozent seines Energiebedarfs aus erneuerbarer Energie nutzen, im weltweiten Ranking belegt das Land den zweiten Platz hinter Dänemark. Nachteil für die Bürger Uruguays – die Energie ist teuer, sehr teuer. Schnell ändern wird sich nicht. Dafür besteht keine Abhängigkeit von anderen Staaten und deren Energieimporten. Womöglich ein Beispiel, das Schule machen könnte? W

(Christian Esser)

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