Mit großem Abstand führt das Land Nordrhein-Westfalen eine Statistik an. Hier gibt es die meisten und insgesamt längsten Staus. Wie der ADAC Anfang des Jahres in seiner Staustatistik aufzeigte, gab es im Jahr 2017 in NRW Staus mit einer Gesamtlänge von 454.907 Kilometern. Ein Anstieg um 17 Prozent im Vergleich zu 2016. Ein Grund dafür sind langwierige und viele Baustellen. Das NRW-Verkehrsministerium macht nun Druck.
Es soll schneller gehen mit den Baustellen auf NRWs Autobahnen. Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) will im Kampf gegen die Staus nun das Management der Baustellen anders organisieren. Künftig will er „Geister- und Bummel-Baustellen verhindern und die Dauer von Verkehrseinschränkungen reduzieren“, sagte der Minister. Der Landtag hat außerdem ein „Infrastrukturpaket“ mit insgesamt fünf Maßnahmen verabschiedet. Wüst will damit zeigen, „dass sich in der Verkehrspolitik etwas bewegt. Wir reden nicht nur über Politikwechsel. Wir setzen ihn um“, verspricht Wüst.
Eine der Maßnahmen wird es bei der Verkehrszentrale in Leverkusen geben. Dort wird eine Stabsstelle Baustellenkoordination geschaffen, die „planbare Baustellen auf Straßen und Schienen untereinander transparent“ macht. Gegenseitige Behinderungen werden so nach Möglichkeit verhindert.
Außerdem will der NRW-Verkehrsminister für acht Großbaustellen die Verträge mit den Firmen, die für die Ausführung der Arbeiten zuständig sind, neu verhandeln. Er erhofft sich dadurch eine Verkürzung der Baumaßnahmen von zwischen fünf und 23 Wochen je nach Projekt. In der Summe sollen so insgesamt 107 Wochen an Baustellenzeit auf alle Projekte gerechnet, eingespart werden. Darunter fallen auch drei Baustellen in Köln sowie im direkten Umfeld der Domstadt.
Zu den nachverhandelten Projekten zählen die:
Neben der Stabsstelle Baustellenkoordination und der Beschleunigung der acht Baumaßnahmen gibt es auch ein 8-Punkte-Programm, das zusammen mit Straßen.NRW erarbeitet wurde. Um Geister- und Bummel-Baustellen zu verhindern, wird ein zentrales Bauzeiten-Controlling mit kürzeren, aber dennoch realistischen Bauzeiten aufgebaut. NRW-Verkehrsminister Wüst hält die Baufirmen dazu an, rund um die Uhr zu arbeiten und den Baustellenbetrieb permanent aufrechtzuerhalten.
Wüst hatte angekündigt, ehrgeizige Zeitpläne vorzugeben. Er wolle aber auch die Baufirmen zusätzlich motivieren und Anreize schaffen, die Zeitpläne einzuhalten. „Ich bin bereit, einen Bonus zu zahlen, wenn man sich ein bisschen anstrengt“, kündigte Wüst an. Bei ausgesuchten Bauprojekten sollen stärker als bislang die Aufträge als Arbeiten rund um die Uhr (24/7) ausgeschrieben werden. Dies biete sich insbesondere bei Baumaßnahmen an, bei denen eine Vollsperrung erfolgen müsste, oder bei anderen zeitkritischen Maßnahmen.
Zum Infrastrukturpaket von NRW-Verkehrsminister Wüst zählt auch eine Änderung des Straßen- und Wegegesetzes. Das Ziel ist, „dass Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Landesstraßen keine aufschiebende Wirkung mehr haben“, teilte das Land mit. Im Bund gebe es bereits eine ähnliche Regelung dafür. Das Bundesfernstraßengesetz ist so geregelt, dass keine aufschiebende Wirkung durch Klagen entstehen. Bislang legen solche Klagen die Planungen von Baustellen noch auf Eis oder verzögern diese.
Künftig wird bei Baumaßnahmen die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privatwirtschaftlichen Unternehmen gestärkt. In NRW liegen aktuell zwei ÖPP-Projekte (öffentlich-private Partnerschaft) auf dem Tisch. Dazu zählen der sechsspurige Ausbau der A 57 zwischen Krefeld und Kamp-Lintfort und der sechsspurige Ausbau auf der A 1/A 30 zwischen dem Autobahnkreuz Münster-Nord und dem Autobahnkreuz Lotte/Osnabrück.
Diese beiden Bauprojekte werden dann an die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) übergeben. Die DEGES habe damit bereits viel Erfolg gesammelt. Innerhalb der DEGES gibt es einen eigenen Projektbereich, der sich nur mit ÖPP-Projekten beschäftigt.
Für den Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen hat der Bund bis 2030 insgesamt 20 Milliarden Euro bereitgestellt. Das Land NRW muss diese Mittel entsprechend abrufen, um Projekte planen und umsetzen zu können. Wüst will darauf achten, dass nach Möglichkeit der volle Verkehrsfluss auch während der Bauphase fließen kann. Dies sei die oberste Leitlinie.
Es müsse das Ziel sein, „in jeder Baustelle alle Fahrstreifen zu erhalten“, sagt Wüst. So sollen bei Baumaßnahmen beispielsweise erst einmal die Standstreifen ertüchtigt werden, bevor dann nach und nach die Fahrstreifen erneuert oder gebaut werden sollen.
Neben den zahlreichen Staus durch Baustellen stehen sich auch die Menschen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren müssen, die Beine in den Bauch. So sorgte bis Mitte Mai eine sechswöchige Vollsperrung auf der Bahnstrecke zwischen Köln-Mülheim und Düsseldorf-Benrath für große Probleme bei den Reisenden.
Lediglich die S-Bahngleise bzw. das S-Bahngleis bei Leverkusen konnte genutzt werden. Reisende zwischen Köln und Düsseldorf musste daher oft einen Umweg über Neuss in Kauf nehmen. Die Folge waren teils völlig überfüllte S- und Regionalbahnen sowie massive Verspätungen auf den Umgehungsstrecken.
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