Startseite News Teilhabe am Erfolg

Teilhabe am Erfolg

Über die Beteiligung von Geschäftsführern oder Mitarbeitern am Unternehmen

by Redaktion

In der Beratungspraxis stellt sich immer häufiger die Frage, wie man Geschäftsführer oder Schlüsselmitarbeiter am Unternehmenserfolg teilhaben lassen kann. Bei der Suche eines Geschäftsführers mit besonderen Fähigkeiten beispielsweise ist diese Frage häufig mit dem Thema einer echten Unternehmensbeteiligung (GmbH-Geschäftsanteile) verknüpft. Bei Schlüsselmitarbeitern überwiegen Gestaltungen über virtuelle Beteiligungen. Letztere sind meist als schuldrechtlicher Anspruch gegenüber der Gesellschaft ausgestaltet und ähneln nicht nur steuerlich einem „Sonderbonus“ für eine besondere Wertsteigerung des Unternehmens oder für den Fall eines erfolgreichen Verkaufs der Gesellschaft. Was aber, wenn ein geeigneter Co-Geschäftsführer nur bereit ist, gegen eine echte Beteiligung, also den Erhalt von GmbH-Geschäftsanteilen, ins Unternehmen einzusteigen?

Problematisch wird dieser Fall immer dann, wenn es sich um ein schon recht erfolgreiches und damit werthaltiges Unternehmen handelt, denn dann drohen bei einer vergünstigten oder unentgeltlichen Überlassung von Geschäftsanteilen erhebliche Steuerrisiken. Dies kann schnell wachsende Startups genauso betreffen wie alteingesessene mittelständische Unternehmen. In diesen Fällen wird regelmäßig die für den Erhalt von Geschäftsanteilen erforderliche Gegenleistung zum Problem. Schnell werden bei einer Zugrundelegung einer validen Unternehmensbewertung siebenstellige Beträge fällig, zu deren Zahlung die wenigsten Geschäftsführer bereit oder in der Lage sind.

Ein Beispiel: Der Altgesellschafter eines mittelständischen Technologieunternehmens (T-GmbH) möchte für die mittelfristig erforderliche digitale Transformation Herrn X, einen technisch hoch spezialisierten Geschäftsführer, für sein Unternehmen gewinnen. Dieser möchte als Gegenleistung für seine Tätigkeit an der zukünftigen Wertsteigerung der T-GmbH teilnehmen. Der Altgesellschafter ist grundsätzlich bereit, Herrn X mit bis zu 20 Prozent der Geschäftsanteile an der mit 15 Millionen Euro bewerteten T-GmbH zu beteiligen. Der Verkauf der Geschäftsanteile oder die Ausgabe neuer Anteile gegen Zahlung eines Gegenwertes in die Kapitalrücklage würden im Beispielsfall ein Investment durch X in Höhe von ca. drei Millionen Euro erfordern.

Eine unentgeltliche oder vergünstigte Einräumung von echten Geschäftsanteilen am Unternehmen begründet hingegen bei einer Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis einen geldwerten Vorteil, der zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit im Sinne des Paragrafen 19 EStG zählt und der Einkommenssteuer mit dem persönlichen Steuersatz von bis 47 Prozent und somit auch dem Lohnsteuerabzug unterliegt. In dem gewählten Beispielsfall würde insoweit eine unentgeltliche Übertragung von 20 Prozent der Geschäftsanteile bei dem (beschenkten) X ein (Lohn-)Steuerrisiko gemessen an dem Verkehrswert der ihm unentgeltlich überlassenen Geschäftsanteile – hier etwa 1,4 Millionen Euro – auslösen.

Besteuerungspause bei Mitarbeiterbeteiligungen nach Paragraf 19a EStG

Der Gesetzgeber hat speziell für die Gewährung von (echten) Mitarbeiter- und Managementbeteiligungen den Paragrafen 19a EStG eingeführt, um die mit der Gewährung der Beteiligung verbundene hohe Steuerbelastung ohne den Zufluss liquider Mittel („dry income“) abzumildern. Der geldwerte Vorteil wird hiernach zunächst nicht besteuert, bis ein die Besteuerung auslösendes Ereignis eintritt. Die Regelung soll insbesondere die Gewährung von Anteilen an Startup- bzw. KM(U)-Unternehmen begünstigen, weshalb die Steuervergünstigung bislang nur gewährt wird, wenn das Unternehmen folgende Größen- und Bestandsmerkmale nicht überschreitet:

  • weniger als 250 Personen Mitarbeiter und
  • Jahresumsatz von höchstens
  • 50 Millionen Euro und jahresbilanzsumme von maximal 43 Millionen Euro und
  • Unternehmensgründung liegt nicht mehr als zwölf Jahre zurück.

Für diesen sachlichen Anwendungsbereich gewährt der Gesetzgeber eine Besteuerungspause.

Diese endet, wenn die unentgeltlich erhaltenen Anteile ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich übertragen werden, die Gesellschaft liquidiert wird, mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder mit Ablauf einer Frist von zwölf Jahren.

Die Regelung eignet sich demnach nur für bestimmte Unternehmen und selbst bei tatsächlicher Anwendbarkeit handelt es sich nur um eine Steuerstundung. Spätestens nach zwölf Jahren wird die (Lohn-)Steuer fällig. Soweit erkennbar, hält sich die Beratungspraxis daher mit der Nutzung der Regelung des Paragrafen 19a EStG stark zurück. Einen wesentlichen Bedeutungsgewinn in der Praxis könnte die Vorschrift für sich in Anspruch nehmen, wenn die Bundesregierung im Rahmen ihrer Startup-Strategie tatsächlich den Anwendungsbereich der Norm (Verdoppelung der KMU-Schwellenwerte und Vervierfachung der maßgeblichen Mitarbeiterzahl auf 1.000 Beschäftigte, Erweiterung des Long-Stop Dates von 12 auf 20 Jahre etc.) im Rahmen des geplanten Zukunftsfinanzierungsgesetzes wesentlich erweitert.

Übertragung echter Anteile mit „interner Wertbegrenzung“ („Hurdle-Shares“)

Ein praxistauglicher Lösungsansatz kann die unentgeltliche Übertragung von Geschäftsanteilen sein, die mit einer negativen Dividenden-, Erlös- und Liquidationspräferenz ausgestattet sind.

Was bedeutet das im Beispielsfall? Alleingesellschafter A beschließt eine Barkapitalerhöhung zur Ausgabe von neuen Geschäftsanteilen („Neue Anteile“) im Nominalwert von einem Euro. Er lässt X zum Bezug der Geschäftsanteile zu. X muss lediglich den Nominalwert auf die Stammeinlage einzahlen und bekommt im Gegenzug die neuen Geschäftsanteile. Mit diesen Geschäftsanteilen hält X 20 Prozent aller Geschäftsanteile der Gesellschaft. Zwischen dem Altgesellschafter und X wird im Rahmen einer Beteiligungsvereinbarung festgehalten:

  • wie hoch der Wert jedes bisher ausschließlich von dem Altgesellschafter gehaltenen Geschäftsanteils gemessen am Verkehrswert ist (vorliegend soll von einem Wert in Höhe von 600 Euro pro Geschäftsanteil ausgegangen werden) („Wertgrenze“).
  • dass die neuen Anteile so lange nicht an der Ausschüttung von Gewinnen teilnehmen, bis die Wertgrenze erreicht ist.
  • dass im Falle eines Verkaufs der neuen Anteile oder im Fall einer Liquidation der Gesellschaft der Erlös bis zur Wertgrenze dem Altgesellschafter zusteht. Erst ein darüberliegender auf die neuen Anteile entfallender Erlös stünde X zu.

Vereinfacht gesagt, wird der bisherige Wert der X-GmbH eingefroren und ausschließlich dem bisherigen Altgesellschafter zugeordnet. Bei jeglicher möglichen Art der Gewinnerzielung mit den neuen Anteilen wird berücksichtigt, dass hieran bis zur Wertgrenze ausschließlich der Altgesellschafter partizipiert.

Für den Fall eines Verkaufs der neuen Anteile ist die Systematik einfach nachzuvollziehen. Hat sich der Wert der X-GmbH beispielsweise seit der Ausgabe der neuen Anteile an X auf 1.200 Euro pro Geschäftsanteil verdoppelt, erhält X pro verkauftem neuen Anteil den Differenzbetrag zur Wertgrenze, also 600 Euro. Schüttet die T-GmbH über Jahre hinweg regelmäßig Dividenden aus, nimmt X so lange mit den neuen Anteilen nicht an der Gewinnausschüttung teil, bis der auf die neuen Anteile entfallende, nicht an ihn, sondern an den Altgesellschafter ausgeschüttete Gewinn den Betrag von 600 Euro erreicht.

Vor- und Nachteile von Anteilen mit „interner Wertbegrenzung“

Vorteile:

  • Die Umsetzung erfordert keine vorhandenen Geldmittel beim Neugesellschafter. Je nach Umsetzungsform ist lediglich die Zahlung des Nominalwertes auf die Stammeinlage erforderlich.
  • Es besteht die Möglichkeit für den Neugesellschafter, langfristig an der Wertentwicklung eines Unternehmens teilzunehmen.
  • Der Neugesellschafter erhält echte Anteile und ist voll stimmberechtigt.
  • Gewinne aus den Geschäftsanteilen unterliegen der Kapitalertragsteuer von etwa 26 Prozent und nicht der Einkommensteuer mit dem persönlichen Steuersatz.
  • Im Veräußerungsfall unterliegt ein etwaiger Veräußerungsgewinn dem Teileinkünfteverfahren mit etwa 27 Prozent anstatt der Lohnversteuerung mit dem persönlichen Steuersatz.

Nachteile:

  • Wegen der erforderlichen Amortisation der Wertgrenze erfordert dieses Modell häufig einen längeren Zeithorizont (anders ggf. bei schnell wachsenden Startups).
  • Mangels belastbarer Stellungnahme der Finanzverwaltung sollte dieses Gestaltungsinstrument mit einer validen Unternehmensbewertung unterlegt und mit der Finanzverwaltung im konkreten Einzelfall (ggf. im Wege einer verbindlichen Auskunft) abgestimmt werden.

Fazit

Obwohl die Steuergesetzgebung es Unternehmern nicht leicht macht, besteht die Möglichkeit, neue Gesellschafter ohne besonderen Investitionsaufwand in werthaltige Unternehmen aufzunehmen. Über die Ausgabe von Anteilen mit einer internen Wertbegrenzung („hurdle shares“) wird der Status quo quasi eingefroren und die Wertschöpfung für den Neugesellschafter auf „Neuanfang“ gestellt. Nicht nur für die Aufnahme besonders qualifizierter Geschäftsführer in den Gesellschafterkreis, sondern auch für Nachfolgeregelungen kann diese Vorgehensweise sehr interessant sein.

Gastautoren:
Dr. Gregor Wecker, Rechtsanwalt
Dr. Zacharias-Alexis Schneider, Rechtsanwalt, Steuerberater
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

 

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 07.2023 

Bildquellen

Weitere spannende Beiträge