Das Kolpingwerk Deutschland ist einer der großen katholischen Sozialverbände mit bundesweit rund 200.000 Mitgliedern, davon etwa 34.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Bereich der Kolpingjugend. Es ist Teil von Kolping International und Kolping Europa. Es ist in mehr als 60 Ländern der Erde vertreten. Heute engagieren sich das Kolpingwerk und die örtlichen Kolpingsfamilien u. a. in der Jugend- und Erwachsenenbildung, für humanitäre Projekte im globalen Süden (Kolping International) und in der katholischen Jugend- und Seniorenarbeit. Es gibt Azubi- und Jugendwohnheime und Familienferienstätten. Zudem ist man in der Politik tätig. Tausende Mitglieder wirken in den Parlamenten von Bund, Ländern und Kommunen sowie in den Organen der sozialen Selbstverwaltung mit. 2025 feiert das Kolpingwerk sein 175-jähriges Jubiläum.
DIE WIRTSCHAFT: Was ist zum 175-jährigen Jubiläum des Kolpingwerkes geplant?
Christoph Nösser, Pressesprecher des Kolpingwerkes: „Vom 2. bis 4. Mai 2025 feiert das Kolpingwerk Deutschland sein 175-jähriges Bestehen mit einem großen Jubiläumsfest in Köln. Dazu werden rund 5.000 Mitglieder, Mitarbeitende sowie Gäste und Freund*innen aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet. Erstes Highlight ist die Eröffnungsfeier am Freitagabend im Tanzbrunnen, bei der Guido Cantz und Yvonne Willicks durch ein buntes Programm von Show-Einlagen aus der vielfältigen Kolpingwelt führen. Kolping wird sich am Samstag in der Kölner Innenstadt der Öffentlichkeit präsentieren. Diözesanverbände und Kolpingsfamilien, Bildungseinrichtungen, Azubi- und Jugendwohnen, Hotels, unsere Kaffee-Rösterei Tatico und viele andere Einrichtungen zeigen, was wir alles zu bieten haben. Danach finden ein Festakt mit dem thüringischen Landtagspräsidenten Dr. Thadäus König und der Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung Lisi Maier sowie ein Mitsingkonzert mit ,Guildo Horn und die Orthopädischen Strümpfe‘ im Tanzbrunnen statt. Anschließend steigt dort die Party der Kolpingjugend. Das Jubiläumsfest endet am Sonntag dort mit einem Festgottesdienst.“
DIE WIRTSCHAFT: Was ist das Resümee nach 175 Jahren Tätigkeit des Kolpingwerkes? Wie hat man sich im Laufe der Zeit eventuell verändert?
Christoph Nösser: „Unser Verbandsgründer Adolph Kolping war Wegbereiter der Katholischen Soziallehre. Als Priester erkannte er, dass sich das Christentum in praktischem sozialem Handeln an benachteiligten oder in Not lebenden Menschen manifestiert. Er sorgte dafür, dass Handwerksgesellen in Gesellenhäusern Unterkunft fanden, Gemeinschaft erfuhren und Bildung erhielten. Diese wurden zur Keimzelle der Kolping-Bildungswerke, die heute viertgrößter Bildungsanbieter in Deutschland sind, und des Kolping Azubi- und Jugendwohnens, das in 35 Häusern deutschlandweit den Auszubildenden günstigen Wohnraum und pädagogische Betreuung bietet. Aus den bis zu Kolpings Tod 1865 bestehenden 400 Gesellenvereinen entwickelte sich ein internationaler Sozialverband, der heute in über 60 Ländern aktiv ist. Mussten Handwerksgesellen ursprünglich bei Heirat oder wirtschaftlicher Selbstständigkeit ausscheiden, bleiben Mitglieder seit dem Zweiten Weltkrieg auf Lebenszeit im Verband. Seit den 1960er-Jahren werden auch Frauen aufgenommen und übernehmen eine zunehmend führende Rolle. Auf diese Weise ist eine generationsübergreifende Gemeinschaft entstanden. Dabei ist das Kolpingwerk stets seiner Vision treu geblieben: Menschen zu stärken und eine gerechte Gesellschaft mitzugestalten.“

Kolping Azubi- und Jugendwohnen in Köln
DIE WIRTSCHAFT: Wie wirbt man um weitere Mitglieder?
Christoph Nösser: „Die beste Werbung für Kolping erfolgt in den Kolpingsfamilien durch überzeugende Kinder-, Jugend- und Familienarbeit. Unsere Kolpingjugend, in der rund 34.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zusammengeschlossen sind, verzeichnet in den letzten Jahren leicht steigende Mitgliederzahlen. Daneben nutzen wir Anknüpfungspunkte in unseren Azubi- und Jugendwohneinrichtungen, Familienferienstätten, Hotels und Bildungseinrichtungen, aber auch Aktionen und Sammlungen, um mit Besucher*innen und Gästen ins Gespräch zu kommen.“
DIE WIRTSCHAFT: Welche Neuigkeiten gibt es konkret für Köln und sein Umland im Kontext des Kolpingwerkes?
Christoph Nösser: „Der Kolping-Diözesanverband Köln ist eine Partnerschaft mit Kolping Ruanda eingegangen und unterstützt in Muramba die Ausbildung von Handwerker*innen. Derzeit absolvieren dort 335 junge Frauen und Männer eine Lehre als Elektriker*in, Automechaniker*in, Schneider*in oder Maurer*in. Der Diözesanverband sucht noch Unterstützung für diese Partnerschaftsarbeit.“
DIE WIRTSCHAFT: Erzählen Sie bitte etwas zu den Jugendwohnheimen, Familienferienstätten und der Seniorenarbeit. Wie profitieren diese Bereiche vom Kolpingwerk?
Christoph Nösser: „In unseren Azubi- und Jugendwohn-Einrichtungen sorgen wir dafür, dass junge Menschen auch fern des Wohnorts einen Ausbildungsplatz finden können, indem wir bezahlbaren Wohnraum anbieten. Zur Bewältigung ihrer Alltagsprobleme werden sie von sozialpädagogischen Betreuern begleitet. Interessant auch für Arbeitgeber: Auf diese Weise geben wir auch denjenigen jungen Menschen die Chance auf eine Ausbildung, die aufgrund von verschiedenen Vermittlungshemmnissen nicht direkt den Weg in eine Ausbildung finden. Als Sozialverband haben wir auch junge Familien im Blick. Unsere Familienferienstätten sorgen für eine altersgerechte Kinderbetreuung und geben den Eltern die Möglichkeit, sich zu erholen. Kolping schafft zudem in der Seniorenarbeit auf lokaler Ebene Angebote und stellt Räumlichkeiten bereit, um Menschen die Möglichkeit zu geben, das Alter als wertvolle und bereichernde Lebensphase zu erleben und zu gestalten.“

Das Klimamobil der Kolpingjugend
DIE WIRTSCHAFT: Wie bringt sich das Kolpingwerk aktuell in der Politik ein und was sind die Ziele?
Christoph Nösser: „Das Kolpingwerk ist ein überparteilicher Verband und seine Mitglieder engagieren sich aktiv in der Politik, um eine gerechte und solidarische Gesellschaft zu fördern. Dies geschieht durch politische Bildung in Seminaren und Workshops, die Mitglieder über politische Themen und Prozesse informieren und zur aktiven Teilnahme ermutigen. Wir bringen unsere Anliegen in den Dialog mit politischen Entscheidungsträgern auf kommunaler, nationaler und internationaler Ebene ein. Viele Kolpingmitglieder sind selbst politisch aktiv, sei es in kommunalen Räten, Parteien, Gewerkschaften oder durch Initiativen, die gesellschaftliche Veränderung bewirken wollen. Zudem sind viele Tausend Mitglieder in den Gremien der sozialen Selbstverwaltung tätig.“
DIE WIRTSCHAFT: Was sind die Wünsche in puncto Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit?
Christoph Nösser: „Klimaschutz geht alle an. Es geht um die Frage, wie heutige und künftige Generationen gut leben können. Der Klimawandel kann nicht einfach durch technische Errungenschaften aufgehalten werden. Vielmehr müssen verschiedene Lösungsansätze verfolgt und sozial gerecht gestaltet werden. Das geht nur gemeinsam, und alle müssen ihren Beitrag leisten. Um hierbei einen Bewusstseinswandel zu bewirken und die Menschen zu mehr Klimaschutz zu motivieren, tourt die Kolpingjugend mit einem Klimamobil durch Deutschland. Auch wenn die Kosten für Klimamaßnahmen hoch erscheinen, so sind die Kosten des Nichthandelns um ein Vielfaches höher. Deshalb brauchen wir neben der sozialen auch eine ökologische Marktwirtschaft.“
DIE WIRTSCHAFT: Welche Standpunkte hat das Kolpingwerk bei der Diversität und der demografischen Entwicklung?
Christoph Nösser: „Das Kolpingwerk Deutschland setzt sich aktiv für Diversität und Geschlechtergerechtigkeit ein. In seinem Leitbild betont der Verband das Engagement in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft und tritt für die Würde jedes Menschen ein. Deshalb legen wir Wert auf geschlechtergerechte Sprache, um niemanden auszuschließen oder zu benachteiligen. Bei Kolping ist jede*r willkommen, der*die unsere Werte teilt. Das sind für uns als generationenübergreifender Verband auch unsere leitenden Gesichtspunkte in Bezug auf die Auswirkungen des demografischen Wandels, der eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist. Wir setzen uns für den respektvollen Dialog zwischen den Generationen und eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Generationen und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen ein.“
(Karoline Sielski)
Bildquellen
- Kolping Azubi- und Jugendwohnen in Köln: Philipp Hesse / Kolpingwerk Deutschland
- Das Klimamobil der Kolpingjugend: Philipp Hesse / Kolpingwerk Deutschland
- Christoph Nösser: Friederike Nehrkorn / Kolpingwerk Deutschland