Ausländische Berufsabschlüsse anerkennen

Für die Fachkräftesicherung in Deutschland

by Jana Leckel
Das Anerkennen ausländischer Berufsabschlüsse würde zur Fachkräftesicherung beitragen

Es ist nicht neu, Deutschland braucht mehr Fachkräfte. In den nächsten zehn Jahren wird voraussichtlich knapp jeder vierte Beschäftigte altersbedingt aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, das entspricht rund 6,7 Millionen Menschen. Eine Teillösung sind Fachkräfte aus dem Ausland und die in den letzten Jahren zugewanderten Menschen. Unternehmen in Deutschland haben ausgesagt, was die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse für die Fachkräftesicherung in Deutschland bedeutet. Das entstandene Gutachten wurde erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Verantwortliche Personaler des Personalpanels des Instituts der deutschen Wirtschaft aus 815 Unternehmen wurden dazu befragt.

Was die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen bringt, liegt relativ schnell auf der Hand. Qualifizierte Fachkräfte haben somit viel bessere Chancen auf einen Job entsprechend ihrer Qualifizierung, Unternehmen haben eine breitere Auswahl an qualifizierten Arbeitskräften und diese können so nachhaltig in den Arbeitsmarkt gelangen. Ein Ergebnis des Gutachtens ist, mit 17,2 Prozent haben bislang wenig Unternehmen praktische Erfahrungen mit der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse gemacht. Gleichwohl stufen viele Unternehmen das Thema als wichtig ein. Von den Unternehmen, die bereits Erfahrungen mit der beruflichen Anerkennung gemacht haben, berichtet gut die Hälfte (51,6 Prozent) von eher negativen Erfahrungen, während 39,3 Prozent positive Erfahrungen gemacht haben. Die restlichen 9,1 Prozent der Unternehmen können ihre Erfahrungen in diesem Bereich nicht klar einordnen. Die negativen Erfahrungen könnten daher rühren, dass lange Wartezeiten bei der Visavergabe bestehen. Oder aber eine Einreise war doch nicht möglich, da eine staatlich anerkannte Berufsqualifikation gefehlt hat. Unternehmen fallen eher Probleme auf, wenn die Mitarbeiter noch nicht eingestellt waren und man versucht, den Abschluss anerkennen zu lassen.

Warum lässt man die ausländischen Abschlüsse anerkennen? Die meisten Unternehmen geben als Motivation mit 72,3 Prozent an, man wolle die Mitarbeiter wertschätzen, und 71,8 Prozent geben an, man wolle die Fachkräfte langfristig an das Unternehmen binden. Andere Gründe sind die zwingende Voraussetzung für die Anerkennung einer Qualifikation für den Antritt des Berufs in Deutschland, die Anerkennung zum Zweck der Einreise von internationalen Fachkräften, die Einschätzung von vorhandenen Qualifikationen von potenziellen Mitarbeitern und die Anerkennung als Voraussetzung für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, wie etwa einer Aufstiegsfortbildung.

Für 80 Prozent der Unternehmen war eine berufliche Anerkennung in ihrem bestehenden Mitarbeiterpool bislang nicht relevant. Probleme machen bisher die Bürokratie, rechtliche Regelungen zum Beispiel bei der Visavergabe, bei der generellen Dauer, bis der Abschluss anerkannt ist, oder beim Aufenthaltsrecht. Überproportional belastet sind kleinere und mittlere Unternehmen, da ihnen eher die Manpower fehlt, um sich darum zu kümmern. Schon allein die rechtlichen Anforderungen sind zudem komplex, da muss man auch erst einmal durchblicken. Wer Informationen sucht, der beschafft sich diese meist bei den Berufskammern und bei der Agentur für Arbeit. Es zeigt sich jedoch, dass es aus Sicht der Unternehmen an klar strukturierten und leicht zugänglichen Informations- und Beratungsangeboten fehlt. Weitere wichtige Informationsquellen für Unternehmen sind der informelle Austausch mit anderen Unternehmen, soziale Medien oder digitale Informationsplattformen, die eine wertvolle Unterstützung mit Informationen rund um das Thema anbieten.

Was wünschen sich die Unternehmen?

Die meisten Unternehmen wünschen sich mehr Transparenz im Prozess der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen und schnellere Verfahren. 57,1 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Möglichkeit, Anträge digital stellen zu können, das Anerkennungsverfahren verbessern würde. Besonders deutlich wird der Wunsch nach Digitalisierung bei Unternehmen mit Erfahrung im Berufsanerkennungsverfahren: 78,2 Prozent dieser Unternehmen sprechen sich für eine stärkere Digitalisierung aus. Ein großer Schritt in Richtung Digitalisierung ist die BundID. Die BundID ist ein zentrales Nutzerkonto des Bundes, das den Bürgern ermöglicht, sich online sicher und einfach für digitale Verwaltungsleistungen zu identifizieren. Ziel der BundID ist es, den Zugang zu digitalen Verwaltungsleistungen zu vereinfachen und sicherzustellen. Sie ermöglicht es, Formulare mit persönlichen Daten vorzufüllen und alle Bescheide und Nachrichten in einem elektronischen Postfach zu erhalten. Sie wird in vielen Bundesländern bereits genutzt. Auch dass die Dokumente zur Prüfung des Verfahrenszugangs digital zugestellt werden dürfen, ist ein Schritt zu einem effizienteren Verfahren.

Weitere Vorschläge wären erweiterte digitale Lösungen, wie KI zur Dokumentprüfung. Zudem wären mehr Unternehmen bereit, sich vertieft mit der Anerkennung auseinanderzusetzen, wenn mehr Best-Practice-Beispiele im Umlauf wären. Ansätze bestehen bereits, so bündeln verschiedene Projekte, wie das BQ-Portal und „Anerkennung in Deutschland“, auf der Plattform Make it in Germany ihre Best-Practice-Beispiele. Make it in Germany ist das offizielle Portal der Bundesregierung für Fachkräfte aus dem Ausland. Es bietet umfassende Informationen zu Jobs, Visa und dem Leben in Deutschland, um internationale Fachkräfte bei ihrem Umzug und ihrer Integration zu unterstützen. Ein weiterer Wunsch ist, dass die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen erhöht werden.

Was die Unternehmen wertschätzen, ist Folgendes: Im Rahmen der Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, das ab dem 18. November 2023 sukzessive in drei Stufen bis Anfang Juni 2024 in Kraft trat, wurden neue Zugangswege für die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland geschaffen. In der Praxis gibt es dennoch nicht viel Erfahrung damit, doch die Einführung der Anerkennungspartnerschaft, die es Fachkräften ermöglicht, bereits während des Anerkennungsverfahrens im Unternehmen zu arbeiten, wird von 74,8 Prozent der Unternehmen positiv bewertet. 61,4 Prozent der Unternehmen begrüßen die neue Möglichkeit, dass Personen mit anerkanntem Berufsabschluss auch in anderen qualifizierten Berufen arbeiten können. Die Einreise für eine Qualifikationsanalyse und die Chancenkarte, die Fachkräften die Suche nach einem Arbeitsplatz in Deutschland ermöglichen, werden von über der Hälfte der Unternehmen positiv aufgenommen. Eine weitere, von 47,7 Prozent der Unternehmen positiv bewertete Änderung ist, dass bei ausreichendem Gehalt und Berufserfahrung die Anerkennung ausländischer Qualifikationen vor der Einreise nicht mehr zwingend erforderlich ist. Die Anerkennungsstatistik 2023 zeigt einen deutlichen Anstieg von 25 Prozent der Nachfrage nach der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen in Deutschland.

Handlungsempfehlungen

Das Institut der deutschen Wirtschaft gibt in seinem IW-Report 8/2025 folgende Handlungsempfehlungen an die Unternehmen und die Politik, resultierend aus dem Gutachten. Zum einen sollten sich Unternehmen in Netzwerken organisieren. Unternehmen müssten zudem verstärkt vorhandene Wissens- und Informationsplattformen nutzen. Die Unternehmen müssten auch mehr Positivbeispiele schaffen und verbreiten. Die Nutzung von Social Media zur Fachkräfteansprache ist ein weiterer Punkt. Handlungsempfehlungen an die Politik sind die Förderung innovativer Modellprojekte, Aufklärungskampagnen und die Zentralisierung von Ansprechpartnern, der Ausbau von Netzwerken und Austauschplattformen zur Unterstützung von Unternehmen, eine bessere Planbarkeit für Unternehmen durch digitale Unterstützung, der Ausbau von Informationsplattformen und digitalen Schnittstellen, schnellere Anerkennungsverfahren durch Digitalisierung und Nutzung von KI sowie mehr Anerkennnungspatenschaften.

(Karoline Sielski)

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