Der deutschen Wirtschaft geht es schlecht, das steht außer Frage. Doch anstelle den Finger immer nur auf das zu zeigen, was nicht mehr zu verändern ist, bot Dr. Martin Brudermüller beim Jahresauftakt von DIE FAMILIENUNTERNEHMER Lösungsvorschläge an, die unsere Gesellschaft wieder voranbringen könnten.
„Er war bis April 2024 der CEO des weltgrößten Chemieunternehmens und ist dafür bekannt, immer klar Position zu beziehen. Die FAZ nannte ihn den ‚John Wayne der BASF‘, ‚fordernd, kämpferisch, angriffslustig‘.“ Mit diesen Worten stellte Bozidar Radner, Vorstand von DIE FAMILIENUNTERNEHMER, Dr. Martin Brudermüller vor, Gastredner des mit rund 200 Gästen sehr gut besuchten Jahresauftakts des Wirtschaftsverbands DIE FAMILIENUNTERNEHMER und DIE JUNGEN UNTERNEHMER im Düsseldorfer Industrie-Club.
Wie angekündigt, nahm Dr. Martin Brudermüller, seit Mai 2024 Aufsichtsratsvorsitzender der Mercedes-Benz Group AG, in seiner Rede „Zukunftssicherung Deutschland – Ärmel hoch und los geht’s“ kein Blatt vor den Mund: „Seit fünf Jahren gibt es kein Wachstum mehr. Schuld daran ist nicht allein die fehlende wirtschaftliche Dynamik. Bei uns läuft vieles schief.“ Deshalb lohne sich eine schonungslose Analyse: „Über Jahrzehnte haben uns unsere hohe Produktivität und unsere Innovationskraft extrem wettbewerbsfähig und zu einem der reichsten Länder der Welt gemacht“, so Brudermüller. Er fuhr fort: „Wir haben jedoch nicht schlau in die Zukunft investiert, weder in die Infrastruktur noch in unsere Sicherheit, sondern stattdessen einen überbordenden Sozialstaat aufgebaut. So wurden individuelle Risiken immer mehr sozialisiert.“ Das Ergebnis: „Wir haben unsere Misere selbst verschuldet.“
Vier konkrete Lösungsvorschläge
Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht – wir als Gesellschaft seien das eigentliche Problem, so Brudermüller. Es gehe nur noch um Verteidigung der Interessen auf Kosten der Allgemeinheit und was uns die Parteien anbieten, reiche bei Weitem nicht aus, die Debatten seien meist inhaltslos. Seiner Meinung nach brauche man eine Generalüberholung der gesamten Gesellschaft. „Sie sind vermutlich frustriert?“, fragte er nach seiner Analyse des Ist-Zustands die 200 Unternehmer im Saal und bot zugleich vier konkrete Lösungsvorschläge an:
„Europa hat 450 Millionen Einwohner. Wenn wir europäisch denken und an einem Strang ziehen würden, wären wir die kraftvollste Region der Welt. Fazit: Wir müssen den europäischen Binnenmarkt stärken.“ Punkt zwei: Brudermüller plädierte für einen spürbaren Abbau von Steuern und Abgaben, der zur Senkung der gesamten Lohnkosten führe und Deutschland für Investitionen aus dem In- und Ausland wieder attraktiv mache. Nächster Punkt: KI. Das wichtigste Thema, die Innovationskraft, sei im Wahlkampf so gut wie gar nicht angesprochen worden. Wir sollten die künstliche Intelligenz offensiv in unsere industrielle Anwendung integrieren. Gleichzeitig müsse der Staat selbst konsequent Digitalisierung und KI einsetzen, auch um den Trend, immer mehr Mitarbeiter beim Staat einzustellen, zu stoppen oder rückgängig zu machen. Sein vierter Punkt: Abbau regulatorischer Hürden.
Der Rede schloss sich eine intensive Diskussionsrunde mit zahlreichen Fragen aus dem Publikum an. Veit Ulbricht, NRW-Vorstand von DIE JUNGEN UNTERNEHMER, fragte: „Sie waren im Wirtschaftsbeirat der Grünen. Welche Erfahrungen haben Sie dort in Bezug auf die Energiewende gemacht? Was ist richtig? Müssen wir alles zurückdrehen wie in Amerika?“ Brudermüllers Antwort: „Ich habe ein Herz für Transformation. Sie ist nicht grundsätzlich falsch, die Umsetzung aber ist viel zu ideologisch.“ Olaf Ziegs, stellvertretender Regionalvorsitzender DIE FAMILIENUNTERNEHMER Metropolregion Köln Bonn, erklärte: „Herr Brudermüller führte eine punktgenaue und fundierte Analyse der aktuellen Situation in der deutschen Wirtschaft durch. Mit seiner klaren Kommunikation deckte er alle Schwachstellen auf und führte diese schonungslos aus. Wichtig aber am Ende: Wir Unternehmer müssen die Ärmel hochkrempeln und anpacken, dann werden wir ein wichtiger Teil der Changeprozesse sein.“
(Jana Leckel)
Bildquellen
- Dr. Martin Brudermüller: Ingrun Sauer