Startseite Lifestyle Verkehr in Köln: Ein einziges Chaos – Wie sieht eine Lösung aus?

Verkehr in Köln: Ein einziges Chaos – Wie sieht eine Lösung aus?

by Redaktion
IHKs warnen vor drohendem Verkehrskollaps im Rheinland - copyright: pixabay.com

[nextpage title=“Dreimal so viel Verkehr auf der Rheinbrücke Leverkusen als geplant“]

Verkehr in Köln: Ein einziges Chaos - copyright: pixabay.com

Verkehr in Köln: Ein einziges Chaos
copyright: pixabay.com

Viele Städte würden Köln für seine Infrastruktur in Fragen Verkehr beneiden. Ein geschlossener Autobahnring umgibt die Stadt, ein prosperierender Flughafen, der bei Passagieren und Fracht zulegt, mit dem Hauptbahnhof einer der wichtigsten europäischen Knotenpunkte, genutzt auch von einem gut ausgebauten ÖPNV. Sogar auf dem Wasserweg ist die Wirtschaft der Region dank des Vorhandenseins von vier Kölner Häfen weltweit logistisch vernetzt. Aber: viele Städte blicken auf Köln als Staustadt Nummer zwei bundesweit. Der Abstieg von Platz eins, abgelöst durch Stuttgart, ist eine Ergebniskosmetik. An den immer weiter zunehmenden Verkehrsproblemen ändert das nichts. Die sind nur langfristig aus der Welt zu schaffen.

Dreimal so viel Verkehr auf der Rheinbrücke Leverkusen als geplant

Beispiel Leverkusener Autobahnbrücke. Die 1965 dem Verkehr übergebene Rheinüberfahrt war für 40.000 Fahrzeuge täglich konzipiert. Heute muss das marode Bauwerk 120.000 Fahrzeuge erdulden, den Schwerlastverkehr hat sie dabei schon in seine Schranken verwiesen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. In der Regel sollten Bauwerke dieser Kategorie 80 Jahre halten.

Als in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre der Kölner Autobahnring auf drei Spuren je Fahrtrichtung erweitert wurde, entschied man sich für die preiswerteste Variante. Der Standstreifen der Brücke wurde zur dritten Fahrspur und damit in erster Linie von den dicken Brummis befahren. Dazu kam, dass der Schwerlastverkehr nach der Wende und durch die EU-Osterweiterung quantitativ stark zugenommen hat, und die einzelnen Lkw sind deutlich schwerer geworden.

Eine Hängebrücke hängt in den Seilen

Eine Hängebrücke hängt in den Seilen - copyright: allpictures / pixelio.de

Eine Hängebrücke hängt in den Seilen
copyright: allpictures / pixelio.de

Die Folgen dieser ungleichen Lastenverteilung zeigen sich 20 Jahre später. Im Sommer 2012 wurden erstmals Risse in der Tragwerkskonstruktion festgestellt. Dazu muss man wissen: Die in der DIN 1076 geregelte „handnahe Hauptprüfung“ wird bei Ingenieurbauwerken alle sechs Jahre durchgeführt. Dazwischen wird alle drei Jahre eine sogenannte Einfachprüfung durchgeführt. Die Rheinbrücke Leverkusen steht mittlerweile unter „Dauerüberwachung“, auch mithilfe elektronischer Systeme. Die im weiteren Verlauf begutachteten Schäden in den Seilkammern machen die Schrägseilbrücke zum Verkehrsrisiko, eine Hängebrücke hängt in den Seilen.

Wir erreichen Roman Suthold, Verkehrsexperte beim ADAC Nordrhein, im Auto. Er fährt auf der A 1 Richtung Dortmund und befindet sich auf der Höhe Kreuz Köln-Nord. Er weiß, gleich wird er wieder im Stau stehen. „Das größte Problem in Sachen Verkehr in Köln und der Region ist die Leverkusener Rheinbrücke“, steht für Suthold fest.

Die erste Maßnahme, den weiteren Verfall der Brücke zu bremsen, war ein 2014 eingeführtes Fahrverbot für Lkw mit einem Gewicht von über 3,5 Tonnen. Obwohl dies weit vor den Toren der Domstadt angekündigt und mit empfohlenen Umleitstrecken versehen war, fuhren die Lkw weiter auf die für sie gesperrte Querung des Rheins. Automatische Messungen von Gewicht und Geschwindigkeit waren kein Grund zur Abschreckung, Bußgelder in Höhe von 150 Euro auch nicht, täglich rollten weiterhin mehr als 150 Gespanne über die Brücke.

Erst Schranken konnten Lkw-Verkehr auf der Brücke eindämmen

Um die Lkw komplett von der Brücke fernzuhalten, wurde eine zweite Sperrstufe gezündet. Vier Schrankenanlagen verhindern seit einigen Wochen, dass Fahrzeuge schwerer als 3,5 Tonnen überhaupt auf die Brücke gelangen. Es bleibt ein kleiner Rest an uneinsichtigen Truckern, die sich auch davon nicht abhalten lassen und sogar so weit gehen, besser gesagt fahren, bis sie die Schranke durchbrochen haben.

Das beschleunigte Planfeststellungsverfahren für den Brückenneubau ist inzwischen abgeschlossen. Der Neubau mit sechs Spuren je Richtung (vier Spuren und jeweils zwei Streifen für die Verflechtung der Anschlussstelle Köln-Niehl und das Kreuz Leverkusen-West) wird in zwei Abschnitten durchgeführt. Mit Teil 1 der Arbeiten soll 2017 begonnen werden, Fertigstellung 2020. Dann starten die Arbeiten am zweiten Brückenteil, bereits 2023 könnte das komplette Werk vollendet sein. Straßen.NRW als Bauherr hält die Zeitplanung für realistisch, sieht allerdings in den nötigen EU-weiten Vergaben mögliche Gründe für Einwendungen, die zu zeitlichen Verzögerungen führen können.

[nextpage title=“Fertigstellung der Leverkusener Autobahnbrücke in 2023 ein ambitioniertes Vorhaben“]

Blick ins Jahr 2023: Visualisierung der neuen Leverkusener Autobahnbrücke - copyright: Straßen.NRW

Blick ins Jahr 2023: Visualisierung der neuen Leverkusener Autobahnbrücke
copyright: Straßen.NRW

Bis Anfang 2017 kann gegen den positiven Bescheid der Bezirksregierung Köln noch Einspruch eingelegt werden. Und zwar sofort beim Bundesverwaltungsgericht, ohne den langen Weg durch die Vorinstanzen. Den weiteren Zeitplan hält ADAC-Mann Suthold für „ambitioniert“.

Auch für Ulrich Fesser von der Handwerkskammer Köln hat der Neubau der Leverkusener Autobahnbrücke absolute Priorität. „Ein Neu- und Ausbau muss dringend realisiert werden. Da darf es keine Verzögerungen geben“, so Fesser, der dabei aber auch das große Ganze im Blick hat. „Natürlich müssen der komplette Autobahnring und die Anbindungen an das weiträumige Autobahnnetz, die Autobahnkreuze und Dreiecke, an die Verkehrslast angepasst werden. All diese Baustellen müssen aufeinander und auf die Baustellen im innerstädtischen Verkehrsnetz der drei Großstädte Köln, Bonn und Leverkusen abgestimmt werden, damit es nicht zu noch längeren Staus in der Region kommt“, unterstreicht der Hauptabteilungsleiter Kommunalpolitik der HKK.

Der Blick in die Zukunft lässt alle gebannt auf das Jahr 2023 starren, in der Hoffnung, der Neubau kann dann dem Verkehr übergeben werden. Um allerdings zu erklären, warum an manchen Tagen in Köln und der Region gar nichts mehr geht, muss man auf der Zeitschiene in die Vergangenheit reisen – und zwar Jahrzehnte. Seitens der Landesregierung NRW ist die Ertüchtigung der Infrastruktur, insbesondere der Straßeninfrastruktur, vernachlässigt worden. Straßen und Ingenieurbauwerke wie Brücken und Tunnel haben unter dem auch durch die Wende bedingten vermehrten Verkehrsaufkommen gelitten.

NRW hat über Jahrzehnte nur wenige Maßnahmen für den Bundesverkehrswegeplan gemeldet, weil die Regionen keine einheitliche Sprachregelung fanden. Dadurch sind die Bundesmittel in starkem Maße in den Süden der Republik geflossen. Erst in den letzten Jahren hat sich da etwas geändert. „NRW-Verkehrsminister Groschek hat die Ertüchtigung der Verkehrsinfrastruktur in den Fokus seiner Arbeit gestellt. Dadurch kommt es jetzt natürlich zu einer Häufung von Baustellen“, erklärt UIrich Fesser die paradoxe Situation.

160.000 Fahrzeuge fahren täglich über die A 3 rechts an Köln vorbei, weitere 100.000 über die A 1 und A 4 links um die Stadt herum. Wird das Gesamtkunstwerk Kölner Autobahnring jemals fertig? „Rechts an Köln vorbei wird zumindest zwischen dem Autobahnkreuz Leverkusen und dem Autobahndreieck Heumar ab Mitte 2017 für einige Jahre Ruhe sein“, ist Timo Stoppacher überzeugt. „Der Abschnitt steht dann achtstreifig mit vier Spuren pro Fahrtrichtung zur Verfügung“, hofft der Kommunikationsbeauftragte beim Landesbetrieb Straßen.NRW auf freie Fahrt. Wobei es zu Stoßzeiten weiterhin zähflüssig sein kann.

Navis leiten vom Autobahnstau in den Innenstadt-Stau

Navis leiten vom Autobahnstau in den Innenstadt-Stau - copyright: pixabay.com

Navis leiten vom Autobahnstau in den Innenstadt-Stau
copyright: pixabay.com

Doch wie kann es sein, dass die Domstadt an manchen Tagen vollkommen dicht ist? Eine Erklärung liefert Roman Suthold und verweist mal nicht auf den Segen, sondern den Fluch Technik. „Moderne Navigationssysteme leiten bei Stau auf der Autobahn den Fahrer auf Ausweichrouten, teils quer durch die City. Damit verstopfen auch diese Adern, nichts geht mehr.“

Dr. Ulrich S. Soénius, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Köln und Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik, sieht das stark gestiegene Verkehrsaufkommen und dessen Höhepunkt noch nicht erreicht. „Durch einen jahrelangen Investitionsstau ist die Infrastruktur an vielen Stellen marode – die notwendigen Reparaturen verursachen natürlich Verkehrsbehinderungen. Hier helfen nur in allen Bereichen intelligente und flexible Lösungen, ob beim Lieferverkehr in der Stadt, durch den Ausbau des ÖPNV, Elektromobilität, großflächige Verkehrsregelung und vieles mehr. Auch die Verkehrsträger Schiene und Wasser müssen ertüchtigt werden, um größere Kapazitäten bewältigen zu können“, ist Soénius überzeugt.

[nextpage title=“Kölner Verkehrsknoten Schiene benötigt moderne Infrastruktur“]

Auch Kölner Verkehrsknoten Schiene benötigt moderne Infrastruktur - copyright: pixabay.com

Auch Kölner Verkehrsknoten Schiene benötigt moderne Infrastruktur
copyright: pixabay.com

Dass die Ertüchtigung des Verkehrsträgers Schiene zwingend erforderlich ist, bestätigt Holger Klein, Pressesprecher der Verkehrsverbund Rhein-Sieg GmbH. Zuwachsraten von 4 bis 5 Prozent bei den Fahrgastzahlen sind natürlich erfreulich, die daraus resultierenden überfüllten Züge sind es eher nicht.

Das Nahverkehrssystem ist an seiner Belastungsgrenze angekommen. „Ohne die dringend benötigte Modernisierung der Infrastruktur werden wir im Rheinland das Fahrgastaufkommen kaum mehr bewältigen können. Wir würden gerne im Berufsverkehr zusätzliche Züge einsetzen – dies ist aber wegen der Belastung des Schienennetzes nicht mehr möglich“, erläutert Holger Klein. Für eine zusätzliche Taktung der Züge fehlen Zeit und Platz auf den Schienen. Auch auf der Schiene stehen die Züge im Stau – nur sieht man das nicht so deutlich wie bei den Autos auf der Straße.

Bahnsteiglängen begrenzen auch die Zuglängen

Überfüllte Züge sind ein Ärgernis, Lösungen zu finden braucht Kreativität. Einfach einen Wagen mehr ankoppeln? Das ist nur bedingt möglich, weil die Bahnsteiglängen auch die Zuglängen begrenzen. Besser ist da schon der Einsatz von zusätzlichen Doppelstockfahrzeugen wie auf der Strecke des RE 9 zwischen Aachen und Siegen oder der Einbau von neun Mittelteilen bei Zügen des Kölner Dieselnetzes. Dadurch konnte die Kapazität von 180 auf 300 Sitzplätze pro Zug erhöht werden. „Eine kleine Maßnahme zur Verbesserung der Kapazität ist die Aufhebung der 1. Klasse in den S-Bahnen 12, 13 und 19 in diesem Jahr. Durch die Freigabe auch für Fahrgäste mit 2.-Klasse-Ticket konnte eine geringe Anzahl von Sitzplätzen generiert werden“, schildert der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständige Schienenfachmann eine weitere Maßnahme, die allerdings dem berühmten Tropfen auf dem heißen Stein gleichkommt.

Bereits vor über zwei Jahren wurde unter dem Titel „Köln mobil 2025“ ein Strategiepapier vorgestellt, welches „zehn Leitziele für die künftige Verkehrsentwicklung in Köln“ beinhaltet. Unter Punkt 6 heißt es: „Wir wollen die Angebote der S-Bahn, der Stadtbahn und der Bus-Linien als Rückgrat unserer Mobilität weiter ausbauen.“

Engpass Köln Hauptbahnhof - copyright: pixabay.com

Engpass Köln Hauptbahnhof
copyright: pixabay.com

Die Engpasssituation im Kölner Bahnknoten entsteht, weil sich rund um die Stadt die Güter-, Hochgeschwindigkeits- und Nahverkehrs-Züge sowie S-Bahnen immer wieder die Gleise teilen. Verspätungen in einem der drei Schienensysteme schlagen sofort auf die anderen durch. Ein Meilenstein zur Verbesserung der Infrastruktur wurde im September gesetzt. Mit Unterzeichnung der Planungsvereinbarung für den Ausbau der S 11 zwischen der DB Netz AG, DB Station&Service AG, dem NRW-Verkehrsministerium und dem Nahverkehr Rheinland (NVR) wurde ein zukunftsfähiges Stück Mobilität in die Wege geleitet. „Damit verbunden ist die Erweiterung des Hauptbahnhofes und des Bahnhofs Köln-Deutz um zwei weitere S-Bahn-Gleise“, so Holger Klein. Der ganz große Wurf zu einer deutlichen Verbesserung im Personentransport ist die Einführung des Rhein-Ruhr-Express, kurz RRX. Sieben Linien sollen die wichtigen Städte an Rhein und Ruhr im 15-Minuten-Takt bedienen. Fünf dieser Linien machen übrigens halt in Köln-Hauptbahnhof. Der Vorlaufbetrieb startet im Dezember 2018, komplette Fertigstellung bis 2030.

[nextpage title=“Probleme durch Kölner Autobahnring“]

Probleme durch Kölner Autobahnring - copyright: pixabay.com

Probleme durch Kölner Autobahnring
copyright: pixabay.com

Dass auf den Straßen im Kölner Stadtgebiet bei starken Verkehrsspitzen teilweise Stillstand herrscht, wird großenteils durch Problemlagen auf dem Autobahnring verursacht. „Dabei sind neben der mangelhaften Infrastruktur auch die häufigen Unfallsituationen ursächlich“, meint Hartmut Sorich vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik der Stadt Köln. „In beiden Fällen wird Verkehr in das städtische Straßennetz verdrängt, das ohnehin an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Köln ist eine Stadt mit wachsendem Attraktionspotenzial in allen Bereichen, was wiederum zu einer Zunahme des Gesamtverkehrsaufkommens führt“, so der Verkehrsexperte der Stadt.

Zur Verbesserung der Lage richtet Hartmut Sorich den Blick auf die Fernstraßen und das Schienennetz. „Alle Maßnahmen zur Wiederherstellung bzw. Anpassung der Leistungsfähigkeit der Autobahnen sowie des Fernverkehrs auf der Schiene und zu einer Vermeidung des Durchgangsverkehrs“ sind für ihn der Schlüssel zu einer Verbesserung der Situation.

Baustellen: Prozesse straffen, stabilisieren und konsequent absichern

Baustellen: Prozesse straffen, stabilisieren und konsequent absichern - copyright: pixabay.com

Baustellen: Prozesse straffen, stabilisieren und konsequent absichern
copyright: pixabay.com

Ein weiterer Schritt, die Kölner Straßenlage, soweit es geht, zu optimieren, war die Ernennung von Thomas Weil zum Baustellenmanager. Wer sich also bis dato wunderte, dass ein Bürgersteig erst von Netcologne für Leitungsarbeiten aufgerissen wurde und die RheinEnergie zwei Wochen später am gleichen Ort dasselbe tat, findet in Thomas Weil denjenigen, der solche Dopplungen durch bessere Koordination verhindern soll.

„Durch die Konzentration der verschiedenen Bausteine, die bei Baumaßnahmen im öffentlichen Bereich eine Rolle spielen, konnten Prozesse gestrafft, stabilisiert und konsequent abgesichert werden. Die erhöhten Anforderungen an die Bauwilligen sowie die zeitige Koordination von Maßnahmen sichern die Mobilität in Köln trotz gestiegener Bautätigkeit“, sieht Hartmut Sorich den Einsatz eines Baustellenmanagers seit April 2014 als wirkungsvoll an. Das Personal für den Kontrolldienst wurde aufgestockt, sodass Baumaßnahmen intensiv geprüft werden können. Für Beschwerden und Anfragen – „Auf der Baustelle habe ich seit vier Wochen niemanden mehr arbeiten sehen“ – gibt es eine Anlaufstelle, die Maßnahmen werden von einer intensiven Kommunikations- und Informationsarbeit begleitet. „Straßenbaumaßnahmen bleiben immer Operationen am offenen Herzen einer Stadt“, so Hartmut Sorich, „aber die Folgen konnten gemildert werden.“

Doch was ist zu tun, um die Verkehrssituation in und um Köln zu entspannen?

In den Stellungnahmen der Experten bündeln sich die Kernforderungen

  • Kurzfristig: kein Parken in zweiter Reihe dulden, Müllfahrzeuge und andere städtische Servicefahrzeuge und Dienstleister während der Rushhour von Hauptverkehrsstrecken verbannen. Marode Ampelanlagen tauschen und grüne Wellen zur Verstetigung des Verkehrs auf den Magistralen optimieren. Baustelleneinrichtungen in den Stoßzeiten soweit möglich aus dem Straßenraum nehmen.
  • Mittelfristig: Lkw-Leitsysteme installieren, MIV-verträglicher Ausbau des Fahrradwegenetzes (MIV gleich Motorisierter Individualverkehr) Ausbau des Autobahnrings, Entzerrung des Bahnknotens Köln, Ausbau des Hafens Godorf zum Containerhafen, dadurch Entfall von 50.000 Lkw-Fahrten innerhalb der Stadt.
  • Langfristig: Bau der Autobahn A 553 inklusive Rheinquerung zwischen Köln-Godorf und Köln-Langel. Eine Verhaltensänderung in der Bevölkerung – weg vom MIV hin zum ÖPNV. Da lohnt nochmals der Blick auf eines der Leitziele von Köln 2025: „Wir wollen den sogenannten Umweltverbund, also das Zufußgehen, das Radfahren und den öffentlichen Personennahverkehr, stärken, um die Lebensqualität in der Stadt zu sichern und zu steigern. Wir streben an, dass in 10 bis 15 Jahren zwei von drei Wegen in Köln im Umweltverbund zurückgelegt werden.“
KVB-Vorstandsvorsitzender Jürgen Fenske - copyright: Alex Weis

KVB-Vorstandsvorsitzender Jürgen Fenske
copyright: Alex Weis

Einigkeit herrscht unter den Experten auch, dass eine Citymaut nicht hilft, die Situation zu verbessern. Im Interview mit Die Wirtschaft meinte KVB-Vorstandsvorsitzender Jürgen Fenske: „Wenn das Angebot stimmt, und dazu gehört auch ein optimales Radwegesystem, dann wird die Zahl der Autos in der Stadt zurückgehen, dann brauchen wir auch keine Maut.“ Allerdings sagte er auch: „Ich persönlich kann mir eine Citymaut vorstellen, auch wegen des Ringstraßensystems in Köln. Aber wir sind nun mal auch ein Autoland, da muss man dicke Bretter bohren, um Autofahrer zum Umsteigen zu bewegen.“

Bei allen Verkehrsträgern ist das Entscheidende zur Verbesserung der Verkehrslage der Ausbau der vorhandenen Infrastruktur. Im Falle der KVB gibt es einige Denkmodelle und Planungen zum weiteren Ausbau der Stadtbahnen: der Ausbau der Ost-West-Achse mit Vergrößerung der Haltestellen für längere Züge, damit einhergehend die Linie 1 von Merheim nach Neubrück zu erweitern. Oder die Linie 13 von Klettenberg bis zur Bonner Straße zu verlängern. Ebenso ist eine Linie, die vom Wiener Platz aus Flittard bedient, ein Planungspunkt. Alles sind langfristige Projekte mit einem Investitionsvolumen von zwei Milliarden Euro.

[nextpage title=“Ring frei in Köln für Radverkehr“]

"Ring frei" in Köln für Radverkehr - copyright: pixabay.com

„Ring frei“ in Köln für Radverkehr
copyright: pixabay.com

Manche Dinge dauern in Köln halt immer etwas länger. Im Großen – siehe Sanierung des Opernhauses – wie auch im Kleinen, etwa wenn man aus Radfahrersicht auf die Stadt schaut. Beschlüsse zur Verbesserung der Situation für Radfahrer werden teils nur schleppend umgesetzt. Zum Beispiel der Radschnellweg von der Kölner Innenstadt Richtung Westen nach Frechen. Sein Bau wurde bereits vor drei Jahren beschlossen. Eine Machbarkeitsstudie wurde gerade erst in Auftrag gegeben, Baubeginn frühestens in 2018. Dabei soll diese schnelle Route in erster Linie Berufspendler vom Auto auf den Drahtesel bringen.

Zumindest herrscht in Teilbereichen Einigkeit quer durch alle Fraktionen und Gruppierungen. Der 10-Punkte-Plan „Ring frei“ ist ein Forderungskatalog, der im Oktober 2015 verfasst wurde und in dem klar definierte Aufgaben beschrieben sind, um die Ringe für Radfahrer sicherer und attraktiver zu gestalten. So soll die Benutzungspflicht der Radwege aufgehoben werden. Radler bekommen eine 3,75 Meter breite Fahrspur auf der Straße, an Engstellen müssen mindestens 2,75 Meter verbleiben. Der alte Radweg, der eher einer Schneise über das Trottoir entsprach, soll zurückgebaut, Tempo 30 die einheitliche Richtgeschwindigkeit werden. Die Radfahrer dürfen auf eine grüne Welle hoffen. Die Parkbuchten werden zu großzügigen, aber streng kontrollierten Lieferzonen. Gut für die Paketdienste, zudem wird so das Parken in zweiter Reihe eliminiert.

Radwegbenutzungspflicht schnell und weitestgehend aufheben

Radwegbenutzungspflicht schnell und weitestgehend aufheben - copyright: pixabay.com

Radwegbenutzungspflicht schnell und weitestgehend aufheben
copyright: pixabay.com

Joachim Schalke, Vorstand „Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Köln e. V.„, hofft, dass der skizzierte „10-Punkte-Plan #Ring frei“ in 2017 zügig umgesetzt wird. Für die Stadt Köln, die bereits 1993 in den Kreis der fahrradfreundlichen Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen aufgenommen wurde, wünscht er sich kurzfristig einen fahrradpolitischen Berater für Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Mittelfristig müssen alle Unfallschwerpunkte fahrradspezifisch optimiert werden, Tempo 30 soll grundsätzlich in Köln eingeführt werden, und die gesamte Radwegbenutzungspflicht muss überprüft und in den meisten Fällen aufgehoben werden: „So kommen wir langfristig an den Punkt, dass der Umweltverbund (Fuß-/Radverkehr/ÖPNV) die dominierende innerstädtische Verkehrsform sein wird“, schließt Schalke sein Wunschpaket.

Jürgen Möllers, Fahrradbeauftragter bei der Stadt Köln, sieht in der Öffnung weiterer Einbahnstraßen für Radler einen Mobilitätsgewinn. Allerdings kann das nicht flächendeckend geschehen. Vielmehr muss jede Straße einzeln für die Freigabe „gegen den Strom“ überprüft werden. 60 Prozent der Einbahnstraßen erlauben den Radfahrern die falsche Richtung, „bei 90 Prozent könnte die Quote am Ende liegen“, ist Möllers überzeugt.

Für Köln als Mitglied der „Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e. V.“ umreißt Möllers, was zukünftig getan werden muss. „Da der Radverkehr zu den ökologisch verträglichsten Verkehrsarten zählt, muss sein Anteil im Bereich kurzer und mittlerer Entfernungen weiter gesteigert werden. Insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen kann das Fahrrad als alltagstaugliches Verkehrsmittel seine Vorteile gut ausspielen.“ Damit das so bleibt, gilt es laut Möllers, „innovativ und systematisch zu arbeiten und die vielfältigen Probleme pragmatisch und anwendungsorientiert zu lösen“.

Und wenn Sie mal wieder in Köln als Autofahrer stauen, weil ein Paketzusteller in zweiter Reihe parkt, sehen Sie nicht gleich gelbrot. Denn auf Anfrage teilte uns Dieter Pietruck von der Deutsche Post DHL Group Pressestelle Mitte in Düsseldorf mit: „DHL Fahrer sind verpflichtet, die Vorgaben der Straßenverkehrsordnung zu beachten.“

Heribert Eiden

Weitere spannende Beiträge

Die Wirtschaft Logo
Weis Wirtschaftsmedien GmbH
DIE WIRTSCHAFT KÖLN

Hahnenstraße 12
50667 Köln

Tel.: 0221 – 47 43 924

Allgemeine Redaktion:
info@diewirtschaft-koeln.de

Online-Redaktion:
online@diewirtschaft-koeln.de

Werbung:
werbung@diewirtschaft-koeln.de

© Copyright 2022 – DIE WIRTSCHAFT KÖLN – Weis Wirtschaftsmedien GmbH – Alle Rechte vorbehalten.