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Coronavirus in Deutschland: Massive Auswirkungen auf die Wirtschaft

by Redaktion
Coronavirus in Deutschland: Massive Auswirkungen auf die Wirtschaft copyright: Envato /mblach

Das neuartige Coronavirus beeinträchtigt das Wirtschaftsleben in Deutschland. Während sich die Lage in China entspannt, steigt die Zahl der Infizierten in Europa und Deutschland von Tag zu Tag. Viele Unternehmen leiden schon heute stark unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Epidemie mit ihrer nie dagewesenen Zahl an Leistungshindernissen. Längst sind nicht mehr nur Liefer- und Leistungsbeziehungen mit chinesischen Geschäftspartnern beeinträchtigt. Es kommt weltweit zu Absagen von Dienstreisen und Veranstaltungen. Außerdem kommt es zu Problemen mit dem Nachschub von Zulieferteilen oder Waren, gestörten Lieferketten bis hin zum Produktionsstillstand. Die handelsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Auswirkungen des „Shutdowns“ werden im Folgenden dargestellt.

Lieferbeziehungen in Zeiten des Coronavirus

Lieferbeziehungen in Zeiten des Coronavirus copyright: pixabay.com

Lieferbeziehungen in Zeiten des Coronavirus
copyright: pixabay.com

Für Lieferbeziehungen ist es entscheidend, ob sich die Parteien auf einen Fall „höherer Gewalt“ berufen können. In vielen Verträgen haben die Parteien eine sogenannte Force-Majeure-Klausel vereinbart. Selten werden dabei Epidemien als Anwendungsfall höherer Gewalt ausdrücklich erwähnt. Wenn die Klausel diejenigen Fälle, die nach dem Vertrag als höhere Gewalt angesehen werden sollen, abschließend aufzählt, kann dies dazu führen, dass Epidemien nicht erfasst werden. Enthält der Vertrag dagegen keine konkrete Definition oder ist eine Aufzählung – wie meist – nicht als abschließende Aufzählung ausgestaltet, ist auf allgemeine Grundsätze zurückzugreifen.

In Deutschland wird der Ausbruch des Covid-19-Virus seit der Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums vom 1. Februar 2020 als Epidemie eingestuft. Die Force-Majeure-Klauseln finden allerdings nur Anwendung, wenn das Ereignis der höheren Gewalt sich so auf den Vertrag auswirkt, dass es derjenigen Vertragspartei, die sich auf den Eintritt höherer Gewalt berufen will, für eine bestimmte Zeit unmöglich oder unzumutbar ist, ihre Vertragspflichten zu erfüllen. Es kommt bei der Prüfung der Rechtsfolgen damit auf den konkreten Einzelfall an. In aller Regel wird auch die Pflicht bestehen, die andere Vertragspartei unverzüglich über den Eintritt des Ereignisses zu informieren.

Voraussetzungen für die Force-Majeure-Klausel

Wenn grundsätzlich die Voraussetzungen einer Force-Majeure-Klausel vorliegen, gewährt diese meist alle oder einige der folgenden Punkte:

  • dass die Parteien (vorübergehend) von ihren Leistungspflichten befreit sind,
  • dass die Parteien versuchen müssen, die Beeinträchtigungen für die andere Seite möglichst gering zu halten,
  • dass nach gewisser Zeit ein Kündigungsrecht bzw. Rücktrittsrecht besteht und/oder
  • dass Schadensersatz wegen des Ereignisses höherer Gewalt ausgeschlossen sein soll.

Falls ein Vertrag keine Force-Majeure-Klausel enthält, richten sich die Rechtsfolgen nach den gesetzlichen Bestimmungen. Ist deutsches Recht auf den Vertrag anwendbar, gilt Folgendes: Für den Fall, dass die Leistung dem Lieferanten oder jedermann unmöglich ist, regelt das Gesetz, dass der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen ist. Unmöglichkeit kann vorliegen, wenn der Lieferant nicht zur Leistung in der Lage ist, weil z. B. eine Fabrik aufgrund des Erregers geschlossen werden musste. Gegebenenfalls kann aber auch eine Ersatzbeschaffung am Markt zu verlangen sein – auch wenn diese teuer ist. Liegt ein Fall der Unmöglichkeit vor, wird der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit und ist der jeweilige Gläubiger berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten.

Verschiedene Faktoren müssen berücksichtigt werden

Ob unter Berufung auf die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage eine Vertragsanpassung oder sogar -aufhebung verlangt werden kann, hängt wiederum von verschiedenen Faktoren ab. Zunächst müsste ein bestimmter Umstand Vertragsgrundlage geworden sein und sich nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert haben. In einem nächsten Schritt wäre zu prüfen, welche Risiko-Allokation zwischen den Parteien gilt – sei es nach Vertrag oder sonst nach allgemeinen Grundsätzen, nach denen das typische Risiko eines Vertrags zu ermitteln ist.

Mit anderen Worten: Ist das konkrete Risiko, das sich hier verwirklicht, einer der beiden Parteien allein zugewiesen? Erst dann, wenn der von der Störung betroffenen Partei die unveränderte Vertragserfüllung auf Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung nicht mehr zugemutet werden kann, kommt eine Vertragsanpassung oder gar -aufkündigung in Betracht.

Besonderheiten bei Dienstleistungen

Deutsche Unternehmen erbringen häufig spezialisierte Dienstleistungen. Bei Dienstleistungen gilt grundsätzlich, dass die Leistung nicht einfach ersetzt werden kann. Besonders bei Dienstleistungen sind die Umstände des Einzelfalls für die rechtliche Bewertung nach den oben erläuterten Kriterien entscheidend.

Absage von Veranstaltungen aufgrund Coronavirus

Absage von Veranstaltungen aufgrund Coronavirus copyright: Envato / romankosolapov

Absage von Veranstaltungen aufgrund Coronavirus
copyright: Envato / romankosolapov

Auch für die Absage von Veranstaltungen gelten die oben beschriebenen Grundsätze zur Unmöglichkeit der Leistung, Force-Majeure-Klauseln und Wegfall der Geschäftsgrundlage. Die Verträge zwischen Veranstalter und Dienstleistern, wie auch zwischen Veranstalter und Besuchern, sind mit demselben rechtlichen Instrumentarium zu beleuchten. Gerade bei Messen, die im Veranstaltungskalender fest terminiert sind, mag es sich in zeitlicher Hinsicht darüber hinaus auch um ein Fixgeschäft handeln.

In diesem Fall kann ein Fall der Unmöglichkeit vorliegen. Jedenfalls gilt dies für den Veranstalter aber dann, wenn die Veranstaltung in einem Zeitraum stattfinden sollte, in dem sie im betroffenen Bundesland (bzw. im betroffenen Landkreis) durch behördliche Anordnung verboten worden ist. Auch im Verhältnis zu Dienstleistern, Messebauern oder Besuchern wird dies zu einem Fall der Unmöglichkeit führen, mindestens aber als ein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage anzusehen sein.

Eintrittspreis muss erstattet werden

Wenn der Veranstalter das Event aus Vorsicht abgesagt hat, obwohl die Durchführung zu dem Zeitpunkt noch möglich und nicht z. B. aufgrund von behördlichen Auflagen mit unzumutbar hohem Aufwand für den Veranstalter verbunden wäre, macht er sich im Ausgangspunkt schadensersatzpflichtig gegenüber den Besuchern. Dies kann auch den Ersatz sog. „frustrierter Aufwendungen“, wie die Kosten nicht mehr stornierbarer Reisebuchungen oder Übernachtungskosten, mit umfassen.

Allerdings wird hierzu vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich erfolgten und noch wesentlich weitergehenden Verbote diskutiert, ob der Veranstalter nicht schon vor Erlass der entsprechenden Verbote im Rahmen der von ihm zu treffenden Interessenabwägung den Belangen des Infektionsschutzes Vorrang geben und die Veranstaltung absagen durfte, ohne dass dies für ihn eine Haftung begründet. Hat der Veranstalter die Absage der Veranstaltung dagegen als einen Fall der höheren Gewalt nicht zu vertreten, scheiden Schadensersatzansprüche der Besucher aus, der Eintrittspreis ist aber grundsätzlich zu erstatten.

Was Betriebe für den Gesundheitsschutz tun müssen

Was Betriebe für den Gesundheitsschutz tun müssen copyright: Envato / AnnaStills

Was Betriebe für den Gesundheitsschutz tun müssen
copyright: Envato / AnnaStills

Grundsätzlich gibt es kein allgemeines Recht auf Home-Office oder eine Pflicht zur Gewährung. Besondere Situationen erfordern aber besondere Maßnahmen. Gegebenenfalls kann sich aber in der momentanen Situation aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zum Schutz bestimmter Beschäftigter, z. B. mit Vorerkrankung, ein Anspruch auf Home-Office ergeben. Er kann das mobile Arbeiten im Einzelfall mit Blick auf das Gebot der Rücksichtnahme und Treuepflichten anordnen (bspw. bei Rückkehr von Mitarbeitern aus Risikogebieten), wenn er dies technisch möglich macht. In der aktuellen Situation überwiegt der Gesundheitsschutz regelmäßig die persönlichen Interessen des Mitarbeiters.

Am Arbeitsplatz sind erforderliche Maßnahmen zum Schutz zu ergreifen. Konkrete Pflichten ergeben sich aus § 3 Abs. 2 ArbSchG:

  • Information der Belegschaft bzgl. Infektions-Risiko, Infektions-Vermeidung, Erkennen von Erkrankungen
  • Geeignete Organisation (z. B. Erlass von Hygiene-Vorschriften, temporäre Versetzungen)
  • Erforderliche Mittel (z. B. Desinfektionsmittel bereitstellen)

Die Durchführung von Zutritts-Kontrollen im Betrieb ist allerdings kritisch zu sehen. Nicht jeder Beschäftige mit einer erhöhten Temperatur ist mit dem Coronavirus infiziert.

Verzicht auf Dienstreisen

Aufgrund der aktuellen weltweiten Reisewarnung des Auswärtigen Amts hinsichtlich nicht notwendiger Reisen sollten Unternehmen – außer in absoluten Ausnahmefällen – auf internationale Dienstreisen ganz verzichten. Insbesondere mit Hinblick auf die zunehmende Zahl der Grenzschließungen kann bereits die Rückkehr nicht sichergestellt werden. Bei erforderlichen innerdeutschen Dienstreisen (bspw. bei Unternehmen mit mehreren Standorten) sollte aktuell ausschließlich auf das Auto zurückgegriffen werden. Darüber hinaus ist die Ansteckungsgefahr innerhalb dieser Standorte zu berücksichtigen (durch einen Infektions-Fall könnten im worst case mehrere Standorte stillgelegt werden).

Neuerung bei der Kurzarbeit

Als Maßnahme aus Sicht der Firmen in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten kommt Kurzarbeit (mit staatlicher Förderung) in Betracht. Erleichterungen bei der Einführung von Kurzarbeit und verbesserte Leistungen ab April 2020 wurden im Koalitions-Beschluss vom 8. März 2020 angekündigt. Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld sind

  • Es muss ein unvermeidbarer erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegen, welcher auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht (z. B. wenn aufgrund des Coronavirus eine vorübergehende Schließung des Betriebs notwendig war);
  • die Erheblichkeits-Schwelle ist erreicht, wenn mindestens 10 Prozent der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer in dem jeweiligen Kalendermonat einen Ausfall von über 10 Prozent haben;
  • der Arbeitsausfall ist nur vorübergehender Natur;
  • es darf keine Kündigung erfolgen;
  • das Unternehmen muss die Kurzarbeit anzeigen und Kurzarbeitergeld innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten beantragen.

Das Kurzarbeitergeld ist nach dem Nettoentgelt-Ausfall zu berechnen und beträgt zwischen 60 Prozent (Beschäftigter ohne Kind) und 67 Prozent (Beschäftigter mit Kind) des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Mit dem neuen Gesetz wird die Bezugsdauer von 12 auf bis zu 24 Monate erhöht. Die Sozialversicherungsbeiträge für die Ausfallzeiten sollen den Firmen zu 100 Prozent erstattet werden.

Nach dem Coronavirus: Der Blick nach vorn

Nach dem Coronavirus: Der Blick nach vorn copyright: Envato / DraginImages

Nach dem Coronavirus: Der Blick nach vorn
copyright: Envato / DraginImages

Deutschland hat wie die meisten Länder drastische Maßnahmen zur Eindämmung der Infektion mit dem neuartigen Virus ergriffen. Derzeit ist ungewiss, wie lange der Erreger das geschäftliche Leben noch beeinflussen wird – dass es eher Monate als Wochen sein werden, scheint inzwischen leider gewiss. Prüfen Sie daher die eigenen Vertragsgestaltungen im Hinblick auf Force-Majeure-Klauseln in relevanten Verträgen, planen Sie die Durchführung von Reisen sehr sorgfältig und passen Sie die arbeitsrechtlichen Möglichkeiten zum Schutz Ihrer Beschäftigten an die aktuelle Situation an.

Der Ausfall leitender Angestellter oder eines Gesellschafters kann Entscheidungen im Tagesgeschäft und strategische Maßnahmen verzögern oder gar verhindern. Stellen Sie daher sicher, dass Ihr Unternehmen auf den Quarantäne-Fall vorbereitet und jederzeit handlungsfähig bleibt.

[box type=“info“ align=““ class=““ width=““]Weitere Infos zum Thema Coronavirus finden Sie bei unserem Medienpartner CityNEWS , auf den Webseiten der Stadt Köln sowie beim Online-Angebot der IHK Köln.[/box]

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Gastautoren: Volker Steimle und Thomas Weidlich
beide Partner der LUTHER Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Köln

Bildquellen

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