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Kunst ist Marketing

DIE WIRTSCHAFT KÖLN im Gespräch mit dem Kölner Künstler Anton Fuchs über Kunst, Märkte und Geschäftsmodelle

by Redaktion

Anton Fuchs ist gebürtiger Kölner und gehört zu den bekanntesten zeitgenössischen Künstlern unserer Stadt. Zusammen mit der bildenden Künstlerin Heike Haupt betreibt der 65-Jährige das Atelier Anton Fuchs. Seit mehr als 40 Jahren erschafft er multidimensionale abstrakte Kunst. Mal erforscht er die Grenzen des Zusammenspiels aus Leinwand und Papier, mal die Verbindung von Wachs und Stahl. Seine Kunst mag vieles sein, nur nicht eindimensional.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Wie kamen Sie zu der Erkenntnis, ein Künstler zu sein, beziehungsweise ein Künstler werden zu wollen?

Anton Fuchs: Nach Abschluss meiner Lehre 1976 lernte ich viele Künstler kennen. Unter anderem Michael Buthe, Udo Kier, Jürgen Zeltinger und viele andere. So habe ich meinen Weg in die Kunst gefunden.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Herr Fuchs, was ist Kunst?

Anton Fuchs: An dieser Frage scheiden sich die Geister. Ich würde es mal so formulieren: Der jeweilige Zeitgeist bestimmt, ob und was Kunst ist.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Welche Bedeutung hat Ihre Heimatstadt Köln für Ihr künstlerisches Schaffen und Wirken?

Anton Fuchs: In den 80er-Jahren war Köln die Kunstmetropole der Welt. Deswegen hatte ich das Glück, meine Heimat nie verlassen zu müssen.

Vom Kölner Kunstmarkt zur Art Cologne

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Die erste „Art Cologne“ fand in den 80er-Jahren im Gürzenich statt und entwickelte sich zu einer der führenden Kunstmessen in der Welt. Können Sie uns sagen, wie es zu dieser Entwicklung kam?

Anton Fuchs: Das hatte viele Gründe: 1967 wurde der sogenannte „Kölner Kunstmarkt“ von Rudolf Zwirner und Hein Stünke ins Leben gerufen. Der damalige Kulturdezernent Kurt Hackenberg hat die Gründer unterstützt und die Räume des Gürzenich zur Verfügung gestellt. Zu dieser Zeit gab es keinerlei Marktplatz bzw. Messe für junge Kunst. Das Interesse daran war groß, die Besucherzahlen enorm. Endlich wurde die junge Kunst auch für die breite Masse zugänglich und erwerbbar. Die Galeristen haben unerwartet viel verkauft. Erst in den 80er-Jahren wurde die Messe in Art Cologne umbenannt.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Welche Marktmechanismen müssen greifen, damit sich eine Kunstszene/-messe derart entwickelt?

Anton Fuchs: Da kommt eins zum anderen. Hinterher ist alles leicht erklärt. In der Kunst ist es doch ähnlich wie an der Börse. Setze ich heute auf den Künstler X, ist es die Hoffnung auf die zukünftige Entwicklung. Natürlich spielt in einer Messestadt auch die Umgebung, die Infrastruktur etc. eine Rolle. Der Hunger nach neuer, junger Kunst nach all den Kriegsjahren war groß.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Bisweilen wurde Köln im Ranking von Städten wie Basel abgelöst. Wie ist das zu erklären?

Anton Fuchs: Basel hat ungefähr zur gleichen Zeit angefangen wie Köln. Damals gab es keine Zugangsbeschränkungen zu der Baseler Messe. Es war eine Handelsmesse, die aber sofort international angelegt war. Erst in den 90er-Jahren hat sich Basel exklusiver aufgestellt und damit eine einmalige Marke erschaffen. Auch die Veranstaltungen um die Messe herum wurden zu Kulturereignissen, zu denen nur wenige Zugang hatten. Basel steht für Luxus und Exklusivität und hat mittlerweile bedeutende Satellitenmessen wie die Art Basel Miami, Art Basel Hongkong oder die Art Basel Paris.

Wie funktioniert der Kunstmarkt?

Seit mehr als vier Jahrzehnten trifft das künstlerische Schaffen von Fuchs den jeweiligen Zeitgeist.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Welche Rolle spielen Märkte für Tops und Flops in der Kunstszene? Beschreiben Sie doch mal anhand eines Beispiels, wie der Kunstmarkt funktioniert, welche Marktteilnehmer interagieren und welche Regeln gelten und greifen.

Anton Fuchs: Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Der Kunsthandel ist ein großes Netzwerk, bestehend aus unterschiedlichen Akteuren. Da gibt es den Sammler, die Galerien, die Messen, die Auktionshäuser und zu guter Letzt die Museen. Ein Künstler, der alle diese Stationen durchläuft, gehört zu den Topkünstlern der Welt. Viele Künstler, die nicht zu diesem Markt gehören, können trotzdem für ihre Werke sehr hohe Preise erzielen. Sie haben Liebhaber für ihre Werke gefunden.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Geht es bei Kunst nur um die „Verwirklichung und persönliche Entfaltung und Ausdrucksform“ des schaffenden Künstlers, oder geht es am Ende um ein Geschäftsmodell mit dem Ziel, etwas zu verkaufen und Geld zu verdienen?

Anton Fuchs: Natürlich geht es erst mal um die Verwirklichung und die persönliche Ausdrucksform. Ob sich das Ergebnis aber monetarisiert, ist abhängig von vielen Faktoren. Auch ein Künstler durchläuft Phasen, hat Entwicklungsstufen. Wer den Segen der Kunstwelt erreichen will, wird wahrscheinlich scheitern. Das liegt nicht in der Hand des Künstlers.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Es gibt ihn also nicht, den Künstler, der der Kunst willen kreativ und schöpferisch ist. Dies scheint somit eine eher romantische Vorstellung zu sein?

Anton Fuchs: Doch, das gibt es selbstverständlich. Aber die Vorstellung, versonnen im Abendrot ein Meisterwerk zu schaffen und auch davon leben zu können, ist eine romantische, nicht realistische Vorstellung. Auch heute werden noch sogenannte Auftragsarbeiten geschaffen. Hat der Künstler sich einen Namen gemacht, wird das wahrscheinlich immer mehr. Die „freien“ Arbeiten lassen sich damit finanzieren.

Kunst als Investment

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Kunst ist wahrscheinlich immer schon auch ein Invest gewesen. Ein Invest, verbunden mit der Hoffnung auf Wertzuwachs. War das schon immer so? Und ist eine Tendenz erkennbar, dass Menschen mit ihren finanziellen Möglichkeiten und Mitteln in Märkte investieren, von denen sie eigentlich wenig bis keine Ahnung haben?

Anton Fuchs: Ein Investment ist es, wenn es sich um einen Künstler handelt, der auf dem momentanen Kunstmarkt eine Rolle spielt. Es geht hier einfach um Angebot und Nachfrage. Die Verfügbarkeit ist entscheidend. Wenn man heute einen Gerhard Richter, Sigmar Polke oder Martin Kippenberger kauft, dann wird man sicher ein gutes Investment getätigt haben. Es gibt allerdings viele Sammler, die in Kunst investieren, um der Kunst willen. Hier geht es nicht um ein Investment, sondern um Leidenschaft für die Kunst.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Diese Investitionsbereitschaft wirkt ja zweifelsohne preisbildend; wahrscheinlich doch zum Ärgernis des Kunstliebhabers oder partizipiert er von spiralartigen Preisentwicklungen?

Anton Fuchs: Den Letzten beißen die … Nein, wie schon gesagt es geht um Angebot und Nachfrage. Natürlich steigen die Preise bei höherer Nachfrage an. Kunst ist Luxus und ein Luxus, den sich Menschen erlauben möchten.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Kann man eine Fehlinvestition auf dem Kunstmarkt vermeiden? Falls ja, wie?

Anton Fuchs: Die Frage ist doch: Was ist eine Fehlinvestition? In den 70er-Jahren gab es Künstler, die sehr hohe Preise erzielten und heute nicht mehr relevant sind. Es gab aber auch Künstler, deren Werke heute Millionen wert sind. Leider habe ich keine Glaskugel. Kunst sollte einen immer berühren. Nur aus einem Investmentgedanken zu kaufen kann kurzfristig erfolgreich sein, langfristig ist es aber nicht abzusehen.

Klassische Sammler sterben aus

Schwarz und Gold: Aus scheinbar Gegensätzlichem erschafft Fuchs eine neue Harmonie.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Lässt sich Kunst transformieren – respektive „sharen“? Während es schon immer ums „Besitzen und Haben“ ging, könnte in Zukunft doch das „Nutzen der Kunst auf Zeit“ ein Ziel und Motiv sein. Diese Entwicklung stünde ja im diametralen Widerspruch zum „Sammeln“. Und dieses Motiv ist in uns Menschen doch ontogenetisch verankert. Ist eine solche Entwicklung denkbar?

Anton Fuchs: Zurzeit macht es den Anschein, dass es den klassischen Sammler nicht mehr lange geben wird. Besitz scheint nicht mehr relevant zu sein. Zumindest bei der jüngeren Generation verschieben sich die Werte.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Somit lebt der Künstler künftig nicht vom Teilerlös des Verkaufs seiner Werke, sondern von den partiellen Mieteinnahmen. Die Galerien behalten ihre Rolle als Vermittler.

Anton Fuchs: Das ist denkbar.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Herr Fuchs, wie viele Bilder und Skulpturen erschaffen Sie pro Jahr und wie viele davon verkaufen Sie?

Anton Fuchs: Das ist ganz unterschiedlich. Es kommt stark auf das Budget der Unternehmen an, die in Kunst investieren. Wir haben eine große Produktpalette. Meine Kollegin Heike Haupt beschäftigt sich mit Skulpturen und Malerei, mein Schwerpunkt ist die Abstraktion in Objekt und Installationen. Unsere Sammler kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Vom Arzt bis zum Konzern ist alles dabei.

DIE WIRTSCHAFT KÖLN: Gibt es Ihrer Meinung nach „schlechte“ Kunst?

Anton Fuchs: Nein, das liegt immer im Auge des Betrachters.

(Jana Leckel und Eugen Weis)

 

Bildquellen

  • Anton Fuchs am Rhein: Alex Weis
  • Anton Fuchs und Werk: Alex Weis
  • Portrait Anton Fuchs / Titelbild: Alex Weis

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