Schaut man sich die Arbeitsmarktfortschreibung an, so sind Trends für die Beschäftigung und die Fachkräftefrage erkennbar. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat vorliegende Daten bis 2023 untersucht und im Juli 2025 im IW-Report 34 eine Studie zu den Ergebnissen vorgelegt. Demnach werde die Fachkräftelücke bis zum Jahr 2028 auf 768.000 fehlende Fachkräfte in Deutschland ansteigen.
Während im Jahr 2024 durchschnittlich 487.000 Fachkräfte bundesweit fehlten, gehe die Fachkräftelücke bis 2028 deutlich nach oben. Dass im Jahr 2024 weniger Fachkräfte fehlten, als man laut Fortschreibung angenommen hatte, könne man u. a. auf zugewanderte und erfolgreich in den Arbeitsmarkt integrierte Fachkräfte aus der Ukraine zurückführen.
Bei der Beschäftigung sei laut Fortschreibung der Langzeittrend weiterhin positiv, denn von 2023 bis 2028 wäre ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 1,2 Prozent, also 397.000 Personen, möglich. Dennoch sei der Wachstumstrend gesunken, 2024 waren es noch 1,6 Prozent. Das liege auch daran, dass sowohl deutsche als auch ältere Menschen weniger am Arbeitsmarkt teilnehmen und die Arbeitslosigkeit unerwartet stark angestiegen sei. Schon um den Trend zu 1,2 Prozent Beschäftigungswachstum in die Realität umzusetzen, müsste auch gegeben sein, dass die Beschäftigung bei Menschen über 60 Jahre weiterhin ansteige, als ein relevanter Faktor. Entsprechende Anreize vonseiten der Politik seien notwendig.
Weitere wichtige Faktoren seien die gesellschaftliche Willkommenskultur und die Nutzung des novellierten Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Das große Problem des demografischen Wandels schwebt wie ein Damoklesschwert über der Wirtschaftsentwicklung und der Rente. Dem könnte man laut den Autoren der Studie, Alexander Burstedde und Jurek Tiedemann, mit Zuwanderung entgegenwirken. Bereits aktuelle Entwicklungen würden zeigen, dass die Integration in den Arbeitsmarkt von Einwanderern aus der Ukraine im Jahr 2023 schneller erfolgte, als man angenommen hatte. Die These lautet: „Der demografische Wandel könnte 2023 bis 2028 durch Zuwanderung nahezu ausgeglichen werden.“ Dazu müsse die qualifizierte Zuwanderung ausgebaut werden. Von der Vermarktung dieses Umstandes bis zum Abbau bürokratischer Hürden, wie Visavergabe und berufliche Anerkennung, seien diverse Hebel zu setzen. Ansonsten werde sich der Trend so fortsetzen, dass ausländische Fachkräfte wie bislang entweder wieder nach Hause zurückkehren oder in ein beruflich attraktiveres Land weiterziehen.
Ein weiteres identifiziertes Problem sei, dass Beschäftigte aller Branchen weniger oft eine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Da müsse schon bei der Information und Motivation junger Menschen angesetzt werden. Den deutlichsten Beschäftigtenrückgang werde die Metallbranche zu verzeichnen haben, mit -14,1 Prozent. Auch die Beschäftigung in der Industrie gehe wohl mit -2,8 Prozent etwas zurück. Bei Bankkaufleuten sei ein Minus von 15 Prozent zu erwarten und bei den Helfern in der Metallbearbeitung ein Minus von 19,5 Prozent. Ansteigen werde die Beschäftigung laut der Arbeitsmarktfortschreibung dagegen am meisten in den IT-Berufen mit einem Zuwachs von 26,3 Prozent von 2023 bis 2028. Erfolgreich zeige sich tendenziell auch der Trend bei den Erziehern mit einem Plus von 136.400 Personen und etwas ansteigen dürfte auch die Zahl der Altenpflege-Fachkräfte. Sowohl die öffentliche Kommunikation als auch die Ausweitung von Elternarbeitszeiten scheinen erfolgreich zu sein.
Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass nur Daten bis 2023 zur Analyse vorlagen, sodass aktuelle Entwicklungen in einer Arbeitsmarktfortschreibung nicht enthalten sein können. Relevant sei u. a. die Handelspolitik eines Trump, welche die Konjunktur wegen Auswirkungen auf die Exporte weiterhin schwächen dürfte. Demnach sei es möglich, dass die Fachkräftelücke bis 2028 noch stärker anwachsen könne als in der Trendbeschreibung angesetzt.
(Karoline Sielski)
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