Startseite KarriereArbeit Arbeitsmarkt: Effektive Mittel gegen den Fachkräftemangel

Arbeitsmarkt: Effektive Mittel gegen den Fachkräftemangel

by Redaktion
Ohne engagierte Trucker, mit oder ohne Migrationshintergrund, bleiben Regale in Geschäften leer (Symbolbild) copyright: Envato / Mint_Images

Wer die Konjunkturumfragen vergangener Jahre verfolgt hat, stellt fest, dass eins der größten Probleme, das Unternehmen benennen, der Fachkräftemangel ist. Tausende Stellen können nicht passend besetzt werden. Seit Jahren sucht man nach Lösungsansätzen. Die Corona-Pandemie hat das Problem sogar noch verstärkt.

Händeringend suchen Unternehmen nach gut ausgebildeten sachkundigen Personen. Für IHK-Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein ist klar: „Wir müssen alle Kraft in die Ausbildung junger Leute stecken.“ Bei den Herausforderungen für das aktuelle und die kommenden Jahre steht der Mangel an qualifiziertem Personal ganz oben auf der Agenda. „Die Corona-Pandemie hat die Entwicklung noch einmal verschärft, immer weniger junge Menschen entscheiden sich für eine duale Berufsausbildung. Gerade diese Spezialisten werden jedoch händeringend gesucht. Wir schaffen den Umbau zu einer klimagerechten und ressourcenschonenden Wirtschaft nicht ohne sie“, mahnt Vetterlein.

Niederschwellige und individuelle Angebote zur Berufsausbildung

Damit sich wieder mehr Menschen für eine duale Ausbildung entscheiden, setzt die IHK Köln auf niederschwellige und individuelle Angebote. Vetterlein: „Wir gehen auf die Schulhöfe, informieren Eltern, unsere Botschafter sind in den Schulklassen, wir beraten ohne Termin und haben hoffentlich auch wieder viele Speed-Datings etc. Eine Ausbildung bietet nur Vorteile: Die jungen Leute arbeiten im Team, verdienen Geld, haben herausragende Zukunftschancen und können im Anschluss immer noch ein Studium beginnen bzw. den Fachwirt oder Meister machen. Dies sollte nach der Schule eigentlich wieder zur Selbstverständlichkeit werden!“

Die Situation beim Fachkräftemangel ist je nach Branche unterschiedlich ausgeprägt. Besonders heftig trifft es derzeit das Gastronomiegewerbe. Viele ausgebildete Personen haben der Branche in der Pandemie den Rücken gekehrt. Etliche gelernte Servicekräfte und Köche empfinden die Gastronomie nicht mehr als krisenfesten Job. Viele wechselten aus der Gastronomie bspw. in Supermärkte und sind dort in der Warenverräumung oder an der Kasse tätig. Die schon vor der Pandemie angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich dadurch noch einmal verschlimmert. Zwar dürfen Gastronomien wieder Gäste empfangen und bewirten, dennoch sind zahlreiche Betriebe aus Personalmangel gezwungen, tageweise zu schließen. Hinzu kommen Ausfälle durch Coronainfektionen.

Migration wichtiger Faktor für Arbeitsmarkt

Erntehelfer helfen dabei, Salat, Obst und Gemüse rechtzeitig zu ernten. (Symbolbild) copyright: Envato / stockfilmstudio

Erntehelfer helfen dabei, Salat, Obst und Gemüse rechtzeitig zu ernten. (Symbolbild)
copyright: Envato / stockfilmstudio

Das Problem wäre noch deutlich größer, wenn nicht viele Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Deutschland tätig wären. Supermarktregale würde leer stehen, zahlreiche Betriebe könnten nicht öffnen oder wichtige Waren fehlen. Ein Blick nach Großbritannien zeigt die Auswirkungen, gerade wenn Berufskraftfahrer aus dem Ausland fehlen – eine Folge des Brexits. Anstelle von frischem Obst und Gemüse bekamen Kunden lediglich Symbolbilder dieser Waren in den Geschäften zu sehen und an den Tankstellen fehlte Kraftstoff. Nur mithilfe des britischen Militärs und Ausnahmeregelungen für ausländische Spezialisten entspannte sich die Lage wieder. Doch die Bilder aus Großbritannien könnten auch eine Blaupause für Deutschland darstellen.

Ohne Migranten im deutschen Arbeitsmarkt wären die Bilder aus Großbritannien wohl auch in Deutschland alltäglich, denn auch hier fehlen Kraftfahrer. Nach Erhebungen des IW Köln fehlten im Oktober 2019, also kurz vor Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland, etwa 14.000. Zwischenzeitlich waren es sogar über 24.000, wie eine IW-Studie zeigt.

Zu Beginn der Pandemie löste sich der Mangel fast auf. Geschäfte mussten schließen, es wurden weniger Waren benötigt, die von A nach B gebracht werden mussten. Entsprechend brauchte es auch weniger Berufskraftfahrer. Lieferketten waren oder sind immer noch massiv gestört, Produktionsbänder stehen still oder laufen noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau. Zeitweise hatte es rechnerisch keine unbesetzte Stelle in Deutschland gegeben, die man nicht durch einen jobsuchenden Kandidaten hätte besetzen können.

Ohne ausländische Trucker gäbe es zunehmend leere Regale

Doch dieser Zustand hielt nur kurz an. Mit zunehmenden Öffnungen und Erholung der Wirtschaft stieg die Zahl der fehlenden sachkundigen Fahrer schnell auf ein ähnliches Niveau wie vor der Corona-Pandemie an. Bereits im Oktober 2021 fehlten laut Berechnungen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung am IW wieder fast 12.000 offene Stellen. Diese Zahl dürfte künftig bei einer weiteren Erholung der Wirtschaft und einer Überwindung der Corona-Pandemie weiter steigen. Wären nicht bereits zahlreiche ausländische Fahrer im Einsatz, wäre die Lage verheerend. Schilder an Tankstellen, die auf maximale Abnahmemengen hinweisen oder darauf, dass es dort nichts mehr zu holen gibt, wären an der Tagesordnung und ebenjene Symbolbilder von Waren in Supermärkten und Kaufhäusern, die man eigentlich dort erwarten würde.

Jeder vierte qualifizierte Berufskraftfahrer hat eine ausländische Staatsangehörigkeit. Deutschlandweit sind fast 133.000 ausländische Trucker im Einsatz. Damit ist dies der beliebteste bzw. der meistgefragte Job für Menschen mit Migrationshintergrund. Die etwa 133.000 Berufskraftfahrer verfügen über eine abgeschlossene Ausbildung in diesem Bereich.

Die zweite Branche, die bei Beschäftigen mit Migrationshintergrund besonders beliebt ist, ist die Gastronomie. Etwa 91.000 Qualifizierte im Gastronomieservice sind derzeit in Deutschland beschäftigt. Dies entspricht etwa einem Drittel aller Menschen, die in dieser Branche tätig sind. Nach den Auswirkungen der Pandemie ist das Defizit an sachkundigen Personen groß. Laut IW-Studie fehlten im Oktober 2021 fast 4.200 Spezialisten in der Gastronomiebranche.

Migration federt Mangel ab

In der Pflege werden gezielt Spezialisten aus dem Ausland angeworben, um den Arbeitsmarkt zu entlasten. (Symbolbild) copyright: Envato / twenty20photos

In der Pflege werden gezielt Spezialisten aus dem Ausland angeworben, um den Arbeitsmarkt zu entlasten. (Symbolbild)
copyright: Envato / twenty20photos

Wie groß die Bedeutung von Migration im Arbeitsmarkt ist, zeigt die IW-Studie „Ohne sie geht nichts mehr“ im Zusammenhang mit dem Ausbildungsmarkt. Bereits vor der Corona-Pandemie sank die Nachfrage für Ausbildungsberufe ab. Diese Entwicklung konnten Anfänger mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit bis Pandemiebeginn abfedern. Die Studienautoren schreiben dazu: „Im Jahr 2019 gab es fast 60.000 neu abgeschlossene Verträge von Jugendlichen mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit, also doppelt so viel wie noch im Jahr 2009 mit circa 30.000 Verträgen.

Die Zahl der Anfänger mit einer Staatsangehörigkeit eines der Top-8-Asylherkunftsländer hat sich sogar verzwanzigfacht, von circa 1.000 im Jahr 2009 auf fast 21.000 im Jahr 2019. Somit konnten Migranten und Geflüchtete den Rückgang der Neuabschlüsse von 77.0000 unter den Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit zumindest teilweise, wenn auch nicht komplett, abfedern. Für die Besetzung von offenen Stellen und die Sicherung des Nachwuchses spielen Menschen nicht deutscher Staatsangehörigkeit somit eine zunehmend wichtige Rolle.“

Rekrutierung ausländischer Fachkräfte

Trotz der schwierigen Bedingungen durch die Corona-Pandemie ist es der Bundesagentur für Arbeit im vergangenen Jahr gelungen, die Rekrutierung Qualifizierter im Ausland weiter zu intensivieren. Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Agentur konnte im Jahr 2021 mehr als 3.200 Personen aus dem Ausland bei ihrer Tätigkeitsaufnahme in Deutschland unterstützen. Im ersten Pandemiejahr 2020 lag die Zahl noch bei etwa 2.500. Grundlage für die Steigerung waren unter anderem neue Vermittlungsabsprachen nach dem Fachkräfte-Einwanderungsgesetz mit Indonesien und Kerala, einem indischen Bundesstaat, aus dem vergangenen Jahr. Hierüber wurde vor allem Pflegepersonal im Rahmen des Programms „Triple Win“ angeworben.

Darüber hinaus wurden Absprachen mit Mexiko und Kolumbien unterzeichnet. Gesucht wird hierbei Pflegepersonal, Köche sowie Elektroniker und Gärtner. Im Bereich der Landwirtschaft lassen sich ebenfalls Erfolge vermelden. Deutschland hat einen großen Bedarf an saisonalen Erntehelfern. Basierend auf Vermittlungsabsprachen aus dem Jahr 2020 konnten im vergangenen Jahr erste georgische Spezialisten einreisen, mit der Republik Moldau wurde ebenfalls eine Vereinbarung unterzeichnet. Um die Migration von Spezialisten zu erleichtern, werkelt die Bundesagentur unter anderen mit der DIHK und dem ZDH an Projekten, über die im vergangenen Jahr erste Fachkräfte in Deutschland begrüßt werden konnten. Qualifizierte Menschen werden dazu unter anderem bereits im Ausland sprachlich auf ihre neue Tätigkeit in Deutschland vorbereitet und beim Einreiseprozess begleitet.

Bildquellen

  • Erntehelfer helfen dabei, Salat, Obst und Gemüse rechtzeitig zu ernten. (Symbolbild): copyright: Envato / stockfilmstudio
  • In der Pflege werden gezielt Spezialisten aus dem Ausland angeworben, um den Arbeitsmarkt zu entlasten. (Symbolbild): copyright: Envato / twenty20photos
  • Ohne engagierte Trucker, mit oder ohne Migrationshintergrund, bleiben Regale in Geschäften leer (Symbolbild): copyright: Envato / Mint_Images

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