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Gründe für den Renteneintritt

Motive laut einer IW-Studie

by Redaktion

Während die Ampel wieder um die Rentenreform streitet, zielt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) auf Gründe des Renteneintritts ab. Rente werde aufgrund der gestiegenen Lebensdauer länger bezogen und aufgrund des demografischen Wandels auch häufiger bezogen. Das ist eine Herausforderung für die deutsche Wirtschaft, doch der Individualentscheidung für den Renteneintritt scheint dies keinen Abbruch zu tun.

Das IW hat eine Beschäftigtenbefragung analysiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass etwa 48 Prozent der abhängig Beschäftigten laut ihren eigenen Aussagen bis zum Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters arbeiten können und möchten. Dr. Andrea Hammermann und Dr. Ruth Maria Schüler vom IW beschreiben die untersuchte Motivation für den Renteneintritt. Vorrangig bei dem Entschluss seien die Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmotivation. Beschäftigte, die sich gesund und wohlfühlten, bei ihrer Arbeit engagiert seien und Interesse daran hätten, sich weiterzubilden, könnten sich unabhängig von ihrem Alter und dem Haushaltseinkommen eher ein längeres Erwerbsleben vorstellen. Mit zunehmendem Alter gewinne der Spaß bei der Arbeit an Bedeutung für die Entscheidung des Renteneintrittszeitpunkts. Knapp die Hälfte der abhängig Beschäftigten würden sich auch an gesellschaftlichen Normen orientieren und den gewünschten Zeitpunkt des Renteneintritts mit der Lebensleistung begründen.

Renteneintrittsmotive

In der Studie wurden 4.805 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und 255 geringfügig Beschäftigte ab 18 Jahren zu den Themen Transformation, Weiterbildung und Renteneintrittsentscheidung befragt. Die Studie untersuchte u. a., welche Gründe unterschiedliche Altersgruppen für einen Renteneintritt angeben. Dabei gibt es drei Gruppen, unter 35 Jahren, zwischen 25 und 50 Jahren und zwischen 50 und 66 Jahren. Bis zum Alter von 35 Jahren erfolge in der Regel die Etablierung am Arbeitsmarkt und im Erwerbsleben. Die Altersgruppe zwischen 35 und 50 Jahren sei am Arbeitsmarkt etabliert, aber noch weit vom Eintritt in die Rente entfernt. Die Gruppe der 50- bis unter 66-Jährigen habe bei einem Erwerbseintritt im Alter von 20 Jahren bereits zwei Drittel der Erwerbsbiografie durchlebt. Knapp zwei Drittel der Befragten hätten sich zum Befragungszeitpunkt in der Lage gefühlt, bis zur Regelaltersgrenze zu arbeiten. Auffällig sei, dass bereits unter den Jüngeren mehr als jeder Fünfte angebe, nicht bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten zu können. Der wesentliche Unterschied zwischen den Altersgruppen bestehe darin, dass in der Gruppe der Befragten unter 35 Jahren, die sich in der Lage fühlen, bis zum Renteneintritt zu arbeiten, rund die Hälfte dafür die Tätigkeit wechseln würde. Jüngere seien flexibler und würden häufiger die Tätigkeit oder den Beruf wechseln. Daher überrasche es weniger, dass sie sich zwar in der Lage sehen oder sich vorstellen können, bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter zu arbeiten, dann aber in einer anderen Tätigkeit. Für Ältere gebe es aus diversen Gründen weniger Anreize und teils auch weniger Möglichkeiten zu wechseln. Dem muss die Politik gegensteuern. Die Erwerbstätigenquote in der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen liegt in Deutschland deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. Zudem falle bei der Betrachtung von Gehaltsklassen auf, dass Personen mit der größten Gehaltsklasse, einem Einkommen von 4.000 Euro und mehr, sich am meisten in der Lage sehen, bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter zu arbeiten, und am wenigsten den Wunsch haben, bis dann auch tatsächlich zu arbeiten. Es sei bekannt, dass eine bessere finanzielle Situation auch mit einem besseren Gesundheitszustand einhergehe. Gesundheit ist eine Stellschraube. Alle drei Altersklassen gaben an, dass die Lebensstandardsicherung der größte Grund für die Renteneintrittsentscheidung sei. Demnach würden die meisten Leute sich für den Renteneintritt entscheiden, wenn der eigene Lebensstandard gesichert sei. Bei allen Altersgruppen sei Freizeit der zweitgrößte Faktor. Bei der Gruppe der unter 35-Jährigen seien gesellschaftliche und familiäre Aufgaben der drittgrößte Faktor, was bei denjenigen zwischen 50 und 66 Jahren der kleinste Faktor sei. Die Ältesten sehen ihre familiären Aufgaben wohl eher hintergründig, weil diese womöglich schon in der Vergangenheit geleistet worden sind. Kein Spaß mehr am Arbeiten sei wiederum der kleinste Faktor bei den unter 35-Jährigen, also auch kein Grund, was bei der ältesten Altersgruppe kurz vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter der viertgrößte Faktor sei. Kurz nach dem Faktor „genug geleistet“ auf Platz drei, im Sinne des verdienten Ruhestandes, sowohl in Eigen- als auch in Fremdwahrnehmung. 52 Prozent könnten sich dabei nicht vorstellen, bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter zu arbeiten.

Zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung solle die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre bis zum Jahr 2031 beitragen. Das setze allerdings voraus, dass mit der Anhebung der Regelaltersgrenze die Beitragszahler auch tatsächlich länger im Erwerbsleben verbleiben. Im Jahr 2022 lag das durchschnittliche Rentenzugangsalter bei Altersrenten für Frauen und Männer mit 64,4 Jahren allerdings noch knapp eineinhalb Jahre unter der damals geltenden Regelaltersgrenze von 65,8 Jahren. Studien würden laut IW zeigen, dass der Wunsch, vorzeitig in die Rente zu gehen, trotz existierender finanzieller Anreize für den späteren Renteneintritt weit verbreitet sei. Da das durchschnittliche Renteneintrittsalter langsamer gestiegen sei als die Lebenserwartung, habe sich in den zurückliegenden Jahrzehnten die Rentenbezugsdauer immer weiter ausgedehnt. Der Anteil der sogenannten Regelaltersrentner lag 2022 bei 44 Prozent. Die übrigen Altersrentner schieden entweder mit Abschlägen (21 Prozent), abschlagsfrei (29 Prozent) oder über eine Rente für Schwerbehinderte (6 Prozent) vorzeitig aus dem Erwerbsleben aus.

(Karoline Sielski)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe DIE WIRTSCHAFT 07 / 2024

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