Mit rund 75.000 Quadratmetern vermieteter Bürofläche schließt der Kölner Büromarkt das erste Halbjahr 2023 ab. Das sind zwar rund zwei Drittel weniger Flächenumsatz als im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres, aber die Researcher von Greif & Contzen sehen dennoch keinen Grund für ein Krisenszenario. „Der Kölner Büroimmobilienmarkt spürt den Konjunkturrückgang, kann aber mit stabilisierenden Faktoren aufwarten“, sagt Andreas Reul, Leiter des Bereichs Büroimmobilien bei der Greif & Contzen Immobilienmakler GmbH.
Steigende Nachfrage nach Premium-Flächen
„Zunächst einmal sollten wir nicht vergessen, dass der Büromarkt in den vergangenen Jahren eine sehr zufriedenstellende Entwicklung durchlaufen hat. Wir stehen sozusagen auf der Bergspitze und betrachten die Situation von dort“, erläutert Andreas Reul. Die Talsohle ist also relativ weit entfernt.
Ebenfalls positiv wirkt sich aus, dass es – ungeachtet des allgemeinen Konjunktur- und Nachfragerückgangs – in der breit und facettenreich aufgestellten Kölner Wirtschaft weiterhin Nutzer mit stabiler oder sogar expandierender Geschäftsentwicklung gibt, die nach wie vor Flächen suchen. Die Flächensuche geht einher mit einem Faktor, der den Markt zusätzlich stabilisiert: Die steigende Nachfrage nach Flächen aus dem Premiumsegment. Ein Segment, das in Köln etabliert ist und in den letzten Jahren jeweils ein bis zwei Dutzend Mietvertragsabschlüsse umfasste. Der Marktanteil des Premiumsegments erreicht im ersten Halbjahr des laufenden Jahres bereits etwa ein Viertel des gesamten Flächenumsatzes.
Sonderauswertung über die vergangenen fünf Jahre
Der wachsenden Bedeutung entsprechend, hat Greif & Contzen das Premiumsegment im aktuellen Büromarktbericht gesondert untersucht. Dazu haben die Immobilienexperten des Kölner Traditionshauses über 80 Mietverträge der vergangenen fünf Jahre ausgewertet, die im Bereich der Spitzenmiete rangierten. Zum hochpreisigen Segment
wurden in dieser Analyse jene Mietverträge gezählt, in denen die Spitzenmiete des jeweiligen Jahres um höchstens zehn Prozent unterschritten wurde.
Insbesondere Beratungsunternehmen fragen Premium-Flächen nach
„Nachfragende für die hochwertigen, bestens ausgestatteten Büroflächen, die moderne Raumnutzungskonzepte möglich machen, waren insbesondere Beratungsunternehmen. Hier gab es etliche größere Abschlüsse wie etwa die Vermietung an KPMG 2020 in der MesseCity oder an die Boston Consulting Group in diesem Jahr“, beschreibt Andreas Reul. Insgesamt stellten die Beratungsunternehmen, zu denen Greif & Contzen in der Analyse auch Rechtsanwaltskanzleien zählt, rund 32 Prozent derjenigen, die PremiumFlächen abnahmen. Öffentliche Nutzer kommen auf einen Anteil von rund 20 Prozent, und in den Jahren 2018 und 2019 sorgten Co-Working-Anbieter für hohe Flächenabnahmen im Top-Segment. Etwa ein Drittel der Nachfrage verteilt sich auf ein breites Spektrum weiterer Nutzerbranchen.
„Hier zeigt sich“, so Reul, „dass über alle Branchen hinweg im Wettbewerb um Fachkräfte moderne Arbeitsplatzkonzepte gefragt sind, die flexibles Arbeiten, Kommunikation und Produktivität in einer attraktiven Umgebung miteinander verbinden und so den Wünschen der Mitarbeitenden entgegenkommen.“
Schwerpunkt Innenstadt
Räumliches Kerngebiet des Premium-Segments ist bis auf wenige Ausnahmen die Innenstadt, wo sich 80 Prozent des Flächenzúmsatzes konzentrierten. Besondere Schwerpunkte waren dabei bisher die Teilmärkte Innenstadt Nord, Kölner Ringe und Deutz. Einzelne hochpreisige Vermietungen wurden zudem in Ehrenfeld und Mülheim realisiert. Mit rund 70 Prozent wurde der Großteil der Abschlüsse in Sanierungs- und Neubauprojekten vereinbart, der Rest entfiel auf hochwertige Bestandsobjekte.
Mieten steigen
Wo neue Arbeitswelten umgesetzt werden können und die Raumaufteilungskonzepte ebenso wie die Ausstattung hohen Ansprüchen genügen, werden auch höhere Mieten akzeptiert. Das zeigt sich in der spürbar gestiegenen Spitzenmiete und der flächengewichteten Durchschnittsmiete. Die Spitzenmiete stieg im laufenden Jahr bereits auf 30,00 Euro pro Quadratmeter, die höchste realisierte Miete lag bei 35,00 Euro pro Quadratmeter. Die flächengewichtete Durchschnittsmiete ist von 18,50 Euro auf rund 19,50 Euro gestiegen. Konjunkturbedingt sind derzeit höhere Mieten für einige Unternehmen schwierig zu tragen, aber realisierbare Sparpotenziale zu finden, ist noch schwieriger. Baukosten und Finanzierungszinsen steigen und werden ein Absinken der Neubaumieten verhindern. „Die Dynamik der Mietsteigerungen wird nachlassen, aber moderate Erhöhungen können noch erfolgen“, so Reul. Die Akzeptanz der Nutzer, meint Reul, dürfte dabei sowohl von der konjunkturellen Entwicklung als auch von den etwaigen weiteren inflationsgetriebenen Indexanpassungen der Mieten in Bestandsgebäuden abhängen.
Köln hat Potenzial, das Premiumsegment auszubauen
„Das Premiumsegment ist ausbaufähig“, sagt Andreas Reul mit Blick auf die Zukunft. Der Fachkräftemangel verschärft sich, im Wettbewerb um die besten Köpfe wollen immer mehr Unternehmen ihren Mitarbeitenden moderne und attraktive Büroflächen bieten, um die Produktivität zu fördern und ein angenehmes Arbeitsklima zu schaffen. Eigentümern rät Reul, die steigenden Nutzeransprüche und nachhaltigkeitsbezogene Anforderungen im Auge zu behalten, ihre Flächenbestände zu überprüfen und Strategien zu entwickeln, diese konform mit der Nachfrage zu halten. Dazu gehören Modernisierungen der Flächen ebenso wie erhöhte Anforderungen an Gebäudestandards, vor allem bei den ESG-Themen, die sich auf die Aspekte der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung beziehen.
Bautätigkeit verlangsamt
Nach wie vor drehen sich die Kräne in Köln, und das wird nach Ansicht der Greif & Contzen-Researcher auch so bleiben. Derzeit sind Investoren allerdings etwas zurückhaltender als in den Jahren zuvor, so dass sich die Bautätigkeit gegenüber 2021 und 2022 etwas vermindert hat. Aber es bleibt die stattliche Zahl von rund 15 Bürogebäuden mit voraussichtlich 90.000 Quadratmetern Bürofläche, die im laufenden Jahr fertiggestellt werden.
Wenig Impulse für konjunkturelles Wachstum
Das Wirtschaftsumfeld wird in den kommenden Monaten herausfordernd sein, starke Impulse für konjunkturelles Wachstum sind nicht zu erwarten. Etliche Standortentscheidungen, so Greif & Contzen, werden sich in dieser Gesamtsituation verzögern, der Flächenumsatz wird den des Vorjahres nicht erreichen. Bis zum Jahresende könnte er zwar noch auf rund 230.000 Quadratmeter steigen, liegt damit aber unter dem zehnjährigen Durchschnitt. „Aber wie gesagt: Wir stehen ja relativ weit oben auf dem Berg und betrachten die Lage von dort“, relativiert Andreas Reul. Und bereits in den vergangenen schwierigen Jahren mit Corona, Ukraine-Krieg, Lieferengpässen und steigenden Baukosten hat der Büroimmobilienmarkt der Domstadt seine Resilienz unter Beweis gestellt.
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